Beim fünften Album der Blaktroniks ist der Titel wahrlich Programm, es geht um Soul. Das Gefühl von Hitsville Detroit, und nicht Hitfabrik Mark Ronson. Es geht um Einkehr, Glaube, Asyl, trotzende Rückzugsgebiete in grimmigen Umgebungen, und nicht um Divenhände, Booty und überkandidelte Vehikel. Den Bogen von ihren verschachtelt störanfälligen Digibeats und -sounds zum Inner City Blues schlägt man anhand von Edward Robinson, ehemals Soul-Crooner in 60’s Motor Town und Vater von Kollektivgründer Edd Dee Pee. Wenn er die intensive Stimme erhebt, geht die Konfrontation der Gegensätze von klassischer Soul-Tradition und den Gesetzmäßigkeiten reduziert-untergrundigen Hip Hops geradezu bestechend klar auf: Aus den Stimmen des Sängers und der MCs klingt unterschiedliches Erleben, aber das gleiche Ziel. Daneben gibt es ein Manifest, das zu Heuchlertum und Minstrelisierung in der Sache Stellung bezieht (hallo, Flavor Flav), Nebenauftritte von Sister Gudrun Gut und Moritz von Oswald, entsprechende Remixe stehen auch noch an. Die Überfälligkeit vom Ganzen ist frappierend, das soll und muss Schule machen.
Da muss schon etwas Gewichtigeres in die Speichen geworfen werden als die Bestreikung fast aller öffentlichen Verkehrsmittel, um die goldene Nacht der diesjährigen Transmediale ins Wanken zu bringen. Das Aufgebot war einfach zu opulent. Dementsprechend füllten sich die grieseligen Hallen der Maria sehr zusehends und früh schon kam Bewegung auf. Thematisch war die Nacht in zwei Teile gefaltet. Hüben Techno in Dub, drüben House. Für Ersteres zeichnete die Modern Love-Posse verantwortlich, die in voller Mannschaftsstärke erschienen war. Angefangen mit einem schönen Set vom wie immer fulminanten DJ Miles, später Pendle Coven, Andy Stott und Claro Intelecto an den Laptops. Es ist auffällig, dass sich alle Beteiligten so unisono in diesen raureifigen, aufgeräumten Labelsound einfügen. Das wird wirklich konsequent durchgezogen und mittlerweile auch deutlich ansteckender dargeboten als beim letzten Berliner Gastspiel in der Panoramabar. Der rechtmäßige Star auf diesem Floor war aber natürlich Moritz von Oswald, der, in Begleitung von Max Loderbauer an einem wunderschönen Modularungetüm und Vladislav Delay an sämtlicher Perkussion, wieder einmal vorführte, wie man diesen Sound wirklich intensiv macht. Es war beeindruckend, und eher im Stil seiner aktuelleren Remixe und Produktionen als an Basic Channel-Traditionsverwaltung. Da kommt hoffentlich noch mehr. Auf dem anderen Floor brachte Kalabrese mit seinem mitunter wirklich etwas rumpeligen Orchester das Unternehmen in Gang. Nicht so bewegend wie auf Tonträger aber mit reichlich Charme ausgeführt, und als der Grime-Look der Sängerin dann auch unverhofft auf Grime-Bass traf, gab es kein Halten mehr. Leider wurde der Zug mit einer nervtötend langen Umbauphase aufs Spiel angehalten, doch dann kam Larry Heard. Und man merkt, dass er sich jetzt auch immer mehr als DJ wohl fühlt. Anfangs noch sichtlich nervös begann er wie eine etwas wackelige Ausgabe einer guten Inner City-Nacht und wurde dann immer doller. Clivillés & Cole, der Percolator, sogar Plastic Dreams. Herrlich. Zum Abschluss dann „Can You Feel It“, mit einer improvisierten, wundervollen Darbietung des Gesangsparts von Robert Owens. Alle sind zu Tränen gerührt, Heard eingeschlossen. In diese Stimmung passen anschließend Prosumer, Murat Tepeli und Elif Bicer perfekt, da wird fürwahr ein Kreis geschlossen. Das kann alles immer noch sehr viel Spaß machen.
Recent Comments