Work it!

Posted: July 27th, 2013 | Author: | Filed under: Texte Deutsch | Tags: , , , , , , , | No Comments »

dancemni

Ein Platten-Label, das in der internationalen House-Szene wohl am schmerzlichsten vermisst wurde, kehrt diesen Sommer zurück: Dance Mania.

Als der Betreiber Ray Barney 1999, von Steuerproblemen und strukturellem Wandel in der Musikwirtschaft geplagt, das Geschäft auf Eis legte, war nicht abzusehen, in welchem Ausmaß das Label aus auch ohne weitere Veröffentlichungen florieren würde. Von 1985 bis dahin waren immerhin fast dreihundert Veröffentlichungen zusammengekommen, eine für die schnelllebige Clubkultur schon bemerkenswerte Taktung. Und doch schrumpften die Bestände in den Plattenläden über die Jahre immer mehr zusammen, bis nur noch wenige Exemplare aus Lagerfunden übrigblieben, hochgepreist auf Sammler-Niveau. Die gesuchtesten Titel des Backkatalogs hingegen schraubten sich auf dem Gebrauchtmarkt bis auf dreistellige Beträge hoch, und so war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis die Gründungsmitglieder davon Notiz nehmen würden, dass sich das Geschäft wieder ausreichend lohnen könnte.

Denn das Geschäft war vor allem bei Chicago House immer ein entscheidender Faktor. Rocky Jones von D.J. International und Larry Sherman von Trax Records, den maßgeblichen Labels der House-Gründertage, waren Businesstypen von fast schon legendärer Zwielichtigkeit, und auch ihre zahlreichen, mit Knüppelverträgen ausgebeuteten Künstler kommen in Interviews mit größter Wahrscheinlichkeit an den Punkt, an dem es eher darum geht, für die Musik angemessen bezahlt, als angemessen künstlerisch gewürdigt zu werden. Auch bei Dance Mania wurde nach einer gnadenlosen Kosten-Nutzen-Rechnung gewirtschaftet. Der Sound der dort veröffentlichenden Produzenten war schon billig genug, kaum jemand konnte sich hochwertiges Equipment leisten und so manche Genre-Klassiker wurden auf geliehenen Geräten zustande gebracht. Doch man war jung, sprudelte vor Ideen, und man konnte es gleich um die Tat umsetzen, denn auch Dance Mania presste nahezu alles was von den lokalen Talenten angeliefert wurde. Und das natürlich möglichst ökonomisch. Altes Vinyl wurde in den Presswerken recycelt, und man kann die vorher darauf enthaltene Musik irritierenderweise in leisen Stellen noch heraushören. Man sieht auf den Rillen Zeitungspapier, oder sonstwie rätselhafte Krümelreste, viele Platten sind flattrig, und haben regelrechte Kerben am Außenrand. Und der Cut aus dem Mastering-Studio klingt bei einem Großteil der Platten so mumpfig, als hätte der Engineer begeistert ein Dolby-Verfahren benutzt, was schon in der frühsten Beta-Phase verworfen wurde. Kurzum, Dance Mania-Platten sind nichts für audiophil veranlagte Hörer, und so mancher ist schon bei dem Gedanken verzweifelt, welche Wirkung die Musik hätte entfalten können, wenn sie einfach besser klingen würde.

Aber genau das ist natürlich, was die Magie des Label-Repertoires ausmacht. Schon in den ersten Jahren erschienen Ausnahmeplatten von wichtigen Pionieren der House-Geschichte wie Marshall Jefferson („7 Ways“), („Frequency“) und Farley Jackmaster Funk (House Nation“), und obwohl man wie die anderen Chicagoer Labels sämtliche Phasen nach der ersten Blütezeit durchlief, zuerst Acid House, dann Vocal- und Hip House, es gab immer diese Tracks, die sich etwas weiter voran wagten als das Restgeschehen. Und als dann die Konkurrenz den Level der ersten Erfolge mit kommerzielleren Stücken erzwingen wollte, ging man bei Dance Mania den entgegengesetzten Weg, und wurde radikaler. Ausgehend von den reinen Rhythmus-Tools in den Sets legendärer DJs wie Ron Hardy oder dem Hot Mix 5-Team des Radiosenders WBMX, entschlackte man jeglichen Ballast bis auf das Basisgerüst, den Track. 1990 erschien „Armani Trax“ von Robert Armani und bestand nur noch aus einem Beat, Handclaps und einem sich stetig wiederholenden schabenden, metallischen Geräusch. Dennoch erzielt das Stück nur mit diesen minimalen Mitteln eine beeindruckende Sogwirkung, und der dazugehörige Erfolg machte schnell Schule. Nicht nur in den lokalen Clubs, sondern auch für die schnell wachsende Techno-Szene Europas waren die rauen Tracks aus Chicago von u.a. DJ Rush, Parris Mitchell oder Glenn Underground eine willkommene Alternative. Von ihrer oft fragwürdigen Klangqualität abgesehen waren sie das perfekte Werkzeug, dynamisch, punktgenau und bedingungslos effizient. Ob alleinstehend in ihrer ganzen ausgefuchsten Reduktion, oder im Mix als Unterstützung von auswärtigen Stücken mit mehr Arrangements, aber weniger Energie. Ab 1994 erhielt diese Mischung aus Beats und wenigen, markanten Tonsignalen eine neue Bedeutung durch die Zufuhr von Elementen aus dem Gangster-Bereich des Hip Hop, und wurde zu Ghetto House. Schon vorher waren Dance Mania-Platten gerne explizit, aber Produzenten wie , DJ Deeon oder Jammin’ Gerald trieben es auf die Spitze. Das Tempo wurde weiter erhöht und wenn man Fotos aus den Clubs in Chicago aus jener Zeit betrachtet, wird schnell klar, dass sich der rasant hochpegelnde Sexual Content vor allem an die Mädels richtete, die auf der Tanzfläche die komplette Sau rauslassen. Denn Tanzen zu dieser Musik war eine zutiefst physische Angelegenheit und wurde mit größter Hingabe betrieben. Und auch wenn man ein mehrstündiges DJ-Set nur mit Tracks bestreiten konnte, in denen man von einer herrischen Stimme aufgefordert wurde, irgendein Körperteil zu whippen oder zu worken, oder beides, die Musik war eine Dienstleistung unter extremer Belastung, die von den Künstlern sehr ernst genommen wurde.

Nach einigen Jahren, in denen sich dieser Sound wie geschnitten Brot verkaufte, ging es wieder zurück in den Untergrund, und nach der Pleite des Labels entwickelte es sich zu Phänomenen wie Juke oder , welche noch schneller aber rhythmisch vertrackter waren, und daher mit offenen Armen in der UK-Bass-Szene aufgenommen wurden. Und wie so oft wenn etwas aufgegriffen wird, besinnt man sich auf die Ursprünge, und der Funke springt in alle Richtungen. Schon bald hörte man die Dance Mania-Prototypen nicht nur in aktuellen Produktionen wieder, sondern auch im direktem Einsatz in der DJ-Kanzel, sei es in Kombination mit neueren Tendenzen oder in nostalgischer Reinkultur.

Natürlich ist es bezeichnend, dass der elektronischen Musik nach all den Jahren was zu fehlen scheint, das die Reaktivierung von Dance Mania immer noch bieten kann, aber schön ist es allemal. Und diesmal klingen die Platten besser, und jeder wird bezahlt.

taz 07/13


Finn Johannsen – Discogs Mix 002

Posted: March 15th, 2013 | Author: | Filed under: Mixes | Tags: , , , , , , , , , | 5 Comments »
GlasgowTomLawton

(photo by Tom Lawton, very early morning @ Summer Sound System, , 2005)

These days the Marketplace seems to outweigh the website’s initial purpose of building a research database and there is a lot of talk about the value of certain releases, and less talk about what said releases actually sound like. So I decided to compile this playlist by organizing my collection at Discogs for the highest median prices fetched at the Discogs Marketplace, and then selected items from the first pages that in my opinion justify demand by classic status. If this is what is wanted by so many Discogs users, you can thus have an impression of how the records sound in action, and decide for yourself if they are worth the effort. Items sought after due to recent hype and speculation efforts by producers, labels and sellers of any kind were decidedly neglected.

Dedicated to all the people who created the monster, and to those who do not abuse it. I salute you.

Andthoney & M. Kinchen – The Feeling (Prescription)
Dream 2 Science – My Love Turns To Liquid (Deep Water Mix) (Power Move)
Vil-N-X- What Cha Gonna Do (Vil-N-X Stra Mental Mix) (Island Noyze)
DJ Sprinkles – Bassline.89.1 (Comatonse)
– Unda Me (Ruff Disco Records)
Unknown Artist – Untitled (Magnet Sounds)
Jovonn – Back 2 The House (Goldtone)
Shake – 5% Solution (KMS)
Unknown Artist – Untitled ( Underground)
Kikrokos – Life’s A Jungle (Ron’s )
K. Alexi Shelby – My Medusa (Transmat)
The Prince And The Wizard – The Music Is Kickin’ (City Limits)
Gherkin Jerks – Parameters (Alleviated)
Ace & The Sandman – Let Your Body Talk (Saber)
Schatrax – Restless Nights (Schatrax)
The System – You’re In My System (Atmospheric Dub) (Ibadan)
Unknown Artist – Untitled (Other Side)
Boo Williams – Make Some Noise (Relief)
Circulation – Emotions Unknown (++Force Mix) (Balance)
Freaks – 2 Please U (Surreal Visits Dub) (Playhouse)
Moodymann – I Feel Joy (KDJ)
MD – Cold Cuts (United States Of Mars)
(430 West)
Vincent Floyd – I Dream Of You (Dance Mania)
Low Key – Lovemagic (Serious Grooves)
John Beltran Feat. Open House – Earth & Nightfall (Sinewave)
Claude Young – Dream Of Another Time (Utensil)
Fingers Inc. – A Love Of My Own (Extended Club Mix) (Alleviated)
B.F.C. – Please Stand By (Retroactive)


Playing Favourites: Adam X

Posted: January 8th, 2010 | Author: | Filed under: Interviews English | Tags: , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , | No Comments »

> Strafe – Set It Off

Ok, let’s start it off with “Set It Off”.

Right, we’re going to set it off with “Set It Off”. Basically with “Set It Off”, growing up in New York in the 70’s and 80’s, I grew up with my parents and my brother – my brother being a DJ since 1980, and there were a lot of musical roots in my household. I was always around music. Mostly disco and electro, stuff like that. Growing up with my parents in the 70’s, they were really big on disco and I was hearing everything from “Ten Percent” by Double Exposure to so many underground disco records, like from 76, Jimmy and the Vagabonds, or Crown Heights Affair. Old school disco. I always had roots in the family. My father also had a pretty big rock collection from the late 60’s – Sabbath, Zeppelin, psychedelic rock. That was played probably when I was really younger, but 74/75 my parents were already getting into disco at that time. The roots of the music were always there with me and I would buy records on the occasion. I remember buying Fatback Band’s “King Tim III” which was pretty much the first rap record, Michael Jackson – “Don’t Stop ‘Til You Get Enough”, “Let’s All Chant”, stuff like that. I was like 7 or 8 years old buying this stuff but I was never really into DJing at this time. My brother was the DJ. He was the one buying the records and DJing. He knew what was going on musically. I would say when I really first started to pay attention to music a lot, but I still was not a DJing, was around 83/84, and I was around 12 years old at the time and I was getting into graffiti which I was actually documenting on subway trains by photographs. I was travelling from Brooklyn to the Bronx. I was going everywhere with a camera – all four boroughs that had a subway system. The records at that time were a lot of electro stuff that was being played. A lot of freestyle like C-Bank’s “One More Shot” or “Al-Naafiysh” by Hashim. I still didn’t really know who the artists were and stuff like that, but I knew the records and heard them all the time on the . Around 84 I went to a break dancing club at a roller skating rink to watch a bunch of people battling, and I heard “Set It Off” for the first time. I don’t know what it was with that record but it fit all the movies I liked at that time: New York movies like The Warriors, Death Wish. It was just this dark record that was kind of like the soundtrack of New York City at the time, when New York City was just like in urban decay. On my way somewhere with my parents you would see all these abandoned building like in in 1945 in certain areas. Then taking the train to the South Bronx and seeing that…I have such a vivid memory of being on the Pelham subway line going to see one of the most famous Graffiti writers in New York called Seen, who was in the documentary Style Wars, and I befriended him when I was probably like 13. He used to airbrush t-shirts in a flea market. I don’t know why music always has a place in a moment that you can remember a certain situation. I can remember being in that flea market and then playing that track. It was just like the track of tracks. It was the soundtrack of graffiti, of New York, the rawness. When I got into techno in about 1990 and I went to trace back all the records that I’d been collecting and I would go back and listen to that record it just sounded so current. Not current to what techno was, but on the production level. When you listen to other electro records or freestyle records from that time, nothing has that 808 feel like “Set It Off” does. That production is just sick. The bassline. There’s really no other record from that time period, apart from maybe “Hip Hop Be Bop” or “Boogie Down Bronx”, that should have been the soundtrack to The Warriors. It’s just an amazing track. The irony of whole record being my favourite record is that it was produced on a label located in Ocean Avenue in Brooklyn, so that record was made probably two miles from where I lived. I guess Walter Gibbons produced Strafe, but it was made in Brooklyn. It’s a 100% Brooklyn. That record… the build up, the , just everything about it…I could listen to it over and over again on repeat mode.

Would you say they produced a prototype with this? It’s a lot darker than most of the electro productions around that time.

I think it’s definitely the prototype for a lot of the future electro stuff that was coming out through the techno scene in the 90’s. Anybody making electro music at that time had to know that record. You have “Planet Rock” and you have “Clear” by Cybotron but that record just stands out for me. It’s such a better record. I love the other records but when I hear “Set It Off” the goose bumps come up. It sounds like something from a John Carpenter movie. It could be from “Assault On Precinct 13”, even if you can’t mess with that soundtrack. It is in the same mode as that. It gives the same feeling, and the same vibe and mood. Those eerie chord strings in the back and the bassline. You can’t mess with it.

> Ryuichi Sakamoto – Riot In Lagos

The next one is “Riot in Lagos” by Ryuichi Sakamoto.

This is an interesting track that Bones had turned me onto in probably sometime in the early to mid 90’s. He was refreshing my memory on records that were on when we used to go to roller skating rinks, and one of the other records was Kasso’s “Key West”. I remember he was playing all these records and I was like flabbergasted by the sounds and the music and how futuristic it was for 80’/81′. The thing was when I got into techno and I realised what electronic music was, and I’m hearing Bones and Lenny Dee – this is the 808, this is the 909 – trying to get my head around all these machines, and Bones was playing me records later on saying “these are the first 808 records, or 909 drum rhythm records”, and I never looked at the music I was listening to in the early 80’s, like , as electronic music or acoustic music – I never made that difference in my head. I never sat there and thought “Oh, I like music with synthesisers”. When I heard this Sakamoto record, I kind of recalled hearing it but it didn’t really ring a bell in a big way for me. But it did ring my bell. [laughs] I was like “Whoa! What the fuck is this?” because I guess it’s got that Eastern, Asian kind of melody sound to it. That is a one of a kind record. There is nothing that sounds like that. I have never, ever heard another record ever sound like that. It cannot be copied.

It even sounded different to the sound Sakamoto was doing with Yellow Magic Orchestra.

Yeah. There is another Sakamoto record that I got a little later on, once I realised who he was, that is quite rare. Not many people know it, it’s called “Lexington Queen”. It’s amazing. It was released as a 12” and also a 45 as well. I probably should have been digging a little deeper on Sakamoto stuff, when I was doing my East kind of record shopping ten years ago, when I was looking for all this 80’s stuff. But I heard a few things by him that didn’t hit me the way those two records hit me. But “Riot In Lagos” is just a special record, what a special piece of electronic music. It’s up there with Kraftwerk.

It is pioneering electronic music, but from a very different angle.

Again, it’s got that Japanese sound to it. Whatever Japanese electronic music was in the 80’s, I don’t really know much about it, but this is a brilliant track. Read the rest of this entry »


DJ Sneak – Beetz-N-Noizez EP

Posted: October 6th, 2009 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , , , , , | No Comments »

Als die die erste Großphase von House in , vertreten durch die ehemaligen Speerspitzen DJ International und Trax, mit den 80ern endete, kam eine längere Zeit der Umorientierung, die rückblickend sehr chaotisch war. Mit den alten Partnern wollten die Künstler nichts mehr zu tun haben, es hatte einfach zu viele schiefe Verträge gegeben, und die anfänglichen Chartsausflüge der Pioniere erwiesen sich zusehends als flüchtig. Diejenigen, die schon dort gewesen waren, kamen mit prahlerischen Berichten zurück, doch eigentlich war die Tür bereits wieder zu, und man konnte sie mit Unterschubladen wie Hip House u. ä. nicht wieder öffnen, und die vormalig einladenden Gesten aus Übersee gingen jetzt in Richtung Detroit. Ein paar unverzagte Jungs jedoch beriefen sich nun auf die Ursprungsqualitäten von Chicago House, und marschierten schnurstracks dorthin zurück. Die Entschlackungskur ging von Labels wie Dance Mania und Cajual/Relief aus und machte schnell die Runde. Die verdrogte Leidenschaft und Experimentierfreude Ron Hardys stand abermals Pate, und dessen radikal funktionale Tape Loops wurden in Erinnerung zurückgerufen. Demzufolge wurde die Musik zu Tracks abgebaut, monoton und unbehauen, billigst produziert, und Disco, die Grundlage des Ganzen, wurde höchstens in abstrakten Fetzen eingearbeitet. Kurzum, House zerlegte sich selbst in seine Einzelteile, nahm ein paar Erkenntnisse der noch jungen Techno-Geschichte mit dazu, und wurde mit äußerst reduziertem Aufwand erneut auf die Reise geschickt, in unzähligen Versionen. Und auch wenn haarsträubende Pressungen und luschige Programmierung noch heute den meisten DJs zu schaffen machen, das Gefühl der Stücke war wieder echt und zwingend, und die Intensität so offensichtlich, dass die Klassiker dieser Zeit erstaunlich gut gealtert sind und heute im Feldzug gegen Plugin-Sauberkeit immer noch eine gern genommene Alternative und Inspirationsquelle bieten. Einer der Gewinner dieser zweiten Chicago House-Welle war , der damals noch bei Gramophone Records arbeitete, dem Epizentrum der Geschehnisse, und sich dort wohl eingehend Gedanken darüber machte, wie er zum Fortgang des Sounds beitragen wollte. Seine zweite Platte von 1994, die Beetz-N-Noisez EP, hatte dann schon alles vorformuliert, was ihn später für lange Zeit zum Star machte: noch vertretbare Reste von Trackstyle-Booty-Sexismen, Disco, in rhythmisch eingesetzten, bis zur Unkenntlichkeit entstellten Sampleschlaufen, die nur selten länger als zwei Takte Zeit hatten, und allerlei anderer Krach. Was da an Einzelelementen zu hören war, war keineswegs neu, aber wie er es zusammensetzte schon. Es ging nur noch um den direkten Weg, alle ablenkenden Schnörkel im Arrangement waren entfernt, der Rest wurde solange ins Hirn gehämmert, bis man sich den Signalen nicht mehr entziehen konnte. Zudem vermied Sneak den laxen Umgang seiner Weggefährten mit dem Produktionsprozess. Seine Tracks klangen dick, klar, akzentuiert, ihr Klang war neben der Struktur ein weiterer entschiedener Bestandteil der Wirkung. Dass er aber auch ohne den Sample-Baukasten auskam bewies „Fear The World“, ein hundsgemeiner, dunkler Brocken von einem Track, der nur mit einer hypnotischen Tonschlaufe und Start-Stop-Beats ausgestattet so beängstigend durch den Club walzt, dass die Flächentraditionalisten am spießigen Ende von House sich vermutlich wünschen, er wäre nie erschaffen worden. Denn House kann eigentlich alles, auch wenn es scheint, dass es heutzutage nicht mehr jeder wissen soll.

de:bug 10/09


Druffmix 38 – The D.H.S. Rave Chronicles Chicago

Posted: September 16th, 2009 | Author: | Filed under: Mixes | Tags: , , , , , , , , | No Comments »

Welcome to the final chapter of the Druffalo Rave Chronicles. In sharp contrast to the usual brouhaha surrounding the city’s contributions to club music history there is no particular reason why we conclude the series with . It’s just the one we still had left for release, and we wanted to stop before we were even tempted to invent rave scenes that don’t really exist (given that all of it was a very subjective D*ruffalo take on the rave phenomenon anyway). So, as sad as it may be, we would like to kiss the rave goodbye with some real Windy City classics, and this is the way we jack the house…

K.A. Posse – Dig This (Underground)
Robert Armani – Circus Bells (Dance Mania)
The Housefactors – Play It Loud (Black Market International)
– We’re On The Move (Warehouse)
– Drive Me In Your Car (Jive)
M.D.3. – The Pressure Cooker (Underground)
326 – Falling (Muzique)
Brian Harris – H2O (Chicago Underground)
Lil’ Louis – Music Takes U away (Dance Mania)
Qx-1 – On A Journey (Rhythm Beat)
Pizarro – Suelta Mé (Gosa-Lo)
Mix Masters – In The Mix (DJ International)
– Payback Is A Bitch (Jive)
Lil’ Louis – Frequency (Dance Mania)
Steve Poindexter – Computer Madness (Muzique)
Vitamin B – You Make Me Feel (Rhythm Beat)
Two For Soul – The Music’s Taken Over Me (Future Sound)
2 Houss People – Baby Wants To Move You (Gherkin)
Myoshi Morris – Muzik (Rockin’ House)
Armando – 100% Of Dissin’ You (Warehouse)
Steve Poindexter – Work That Motherfucker (Muzique)
The Dance Kings – Climb The Walls (Dance Mania)
Terry Hunter – Madness (Muzique)
Risque 3 – Essence Of A Dream (Stride)
Mike Dearborn – New Dimension (Muzique)
– The Afterlife (Djax)
Da Posse – In The Life (Republic)
North/Clybourn – O Ban 1 (Gherkin)
Fingers Inc. – Bye Bye (Jack Trax)


Lil Louis & The World – I Called U (Epic)

Posted: July 4th, 2009 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , , , , , | No Comments »

Kaum ein anderer in der Clubkultur hat sich so eingehend und brillant mit den Wirrnissen der Liebe beschäftigt wie . Als seine Weggefährten und die Fanbasis sich noch die Köpfe über seine beiden durchweg genialen EPs auf Dance Mania den Kopf zerbrachen, warf er sich vollends in sein Lieblingsthema und verkaufte 1989 Abermillionen von seinem Liebesakt „French Kiss“ an Menschen, denen es weder etwas ausmacht, im Club massiv angestöhnt zu werden, noch dazu in Zeitlupe rauf- und runtergefahren zu werden (ich erinnere mich immer gerne an den Videoclip, wo Aufziehspielzeuge die Tempowechsel nachzappeln). „I Called U“ erzählt kurz darauf die Geschichte danach, und die fünf Versionen ergeben die narrative Struktur eines Mini-Konzeptalbums, in dem Louis die Rolle des von einer abgelegten Liebe Verfolgten einnimmt. „The Conversation“ ist dieser eigenwillige Jazz-House-Track, in dem er ihr am Telefon mit deutlichen Worten klarzumachen versucht, dass ihre Beziehung beendet ist und aus welchen Gründen. Er ist dabei jedoch mit einer offensichtlich hoch neurotischen Gegenspielerin konfrontiert, die seine rationalen Argumente mit bedröhnter Aufdringlichkeit ignoriert. Im Zwischenspiel „But U Went To The Party“ flüchtet Louis aus dieser Sackgasse in den Club, um dann bei „The Story Continues“, einem böse pumpenden Track mit fiebrigem Saxofon, den ganzen Stress auf der Tanzfläche zu bewältigen. Das nächste Zwischenspiel „A Series Of Events“ schildert jedoch die Rache der Zurückgewiesenen, die nach vergeblicher Kontaktaufnahme über Telefon die Clubs absucht, um dann ihre ganze Besessenheit an seinem Auto auszulassen. „Why’d U Fall“ ist der Epilog, in dem Louis sein Unverständnis gegenüber der ganzen Situation in einem unfassbaren Track entlädt, dessen schlingernde Leitmotive noch über Jahre durch die House- und Technogeschichte geistern sollten. Diese Platte ist ein immerwährendes Totschlagargument gegen die Skeptiker, die Clubmusik pauschal konstatieren, nicht über Partyimperative und Funktionalitätsstrukturen hinauskommen zu können, und das Gefühlsleben von Lil Louis war zu jener Zeit derart aufgewühlt, dass er diese Themen noch auf zwei ganzen nicht minder herausragenden Alben zu verarbeiten suchte, bevor er lange Zeit in Schweigen verfiel. Doch er war ganz und gar nicht untätig, und hat all die Jahre an seinem Großprojekt „Two Sides To Every Story“ gearbeitet, einem Buch, dass seine gesamte Odyssee nach der wahren Liebe chronologisiert, und einer CD, die aus Sicht einer Frau darstellen soll, wie ist, sich mit jemanden wie ihm einzulassen. House braucht solche Typen mehr denn je, aber wirklich.

Online 07/09


Junior Rafael – Junior Rafael Presents Darkroom Traxx II (Mighty Robot Recordings)

Posted: June 4th, 2009 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , , , , , , | No Comments »

Der mysteriöse Produzent aus hat bereits vor zwei Jahren an gleicher Stelle Tracks aus den frühen 90ern freigegeben, und wenn man diese Fortsetzung als Maßstab nimmt, sollte er das wirklich regelmäßig tun. Junior Rafael hat sich ganz dem sexuell überladenen Booty- Trackstyle-Irrsinn von Dance Mania, frühem Jack, etwas Nu und dazu herrscherischen Phuture- verschrieben, nur eben in der expliziten Queer-Version. Bei „4 All Da Men In My Life“ wird beispielsweise über einen knorrigen House-Track eine beeindruckende Liste von Ex-Lovern angesagt, und ich vermute es handelt sich dabei nur um einen kleinen Ausschnitt. In „Anything 4 Ur Love“ gibt Junior Einblick in das, was er mit den Jungs zu tun gedenkt, wenn er sie denn erstmal kennen gelernt hat. Auch da kommt einiges zusammen, und so geht es auch weiter. Das bleibt allerdings keineswegs als Gimmick hängen, dafür sind die Tracks einfach viel zu direkt, viel zu zwingend, und viel zu gut. Und zwar allesamt. Die alte Lehre vom hocheffizienten Gebrauch weniger Elemente, aus dem sich Musik ergibt, mit der man den Club eng an die Leine nehmen kann, immer noch und für immerdar. Genug gekuschelt im House-Revival, jetzt ist Gericht!

06/09


Junior Rafael – Junior Rafael Presents Darkroom Trax (Mighty Robot Recordings)

Posted: November 5th, 2007 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , , , , , | No Comments »

Der zweite Streich der Glasgower Mighty Robots hat laut Labelinfo den mittlerweile 43-jährigen Puertoricaner Music Box-Gänger Junior Rafael ausgegraben, dessen Tracks auf dieser EP 1991 aufgenommen wurden und angeblich wegen seiner expliziten Queer Attitude nie veröffentlicht wurden. „I was too gay for and too Chicago for New York”. Wie dem auch sei, seine Musik ist auf jeden Fall allemal gut genug für jeden, der sich jemals an der Art erfreuen konnte, wie das Acid- und Trackstyle-Erbe von Trax stilistisch bei Dance Mania und später Relief fortgeführt wurde. Schön stoische Imperativmusik, mit der man heutige Tanzflächen noch böse aufmischen kann.

11/07


V.A. – DJ Deep Pres. City To City Part 02 (BBE)

Posted: June 6th, 2006 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , , , , | No Comments »

Im Gegensatz zum ersten Teil etwas weiter ab vom Kanon mixt sich der Deep Sound-Nachlassverwalter durch Expertenklassiker aus , Detroit und New York/New Jersey der späten 80er/frühen 90er. Das klingt nah dran an den hypnotisch-drückenden Clubnächten dieser Jahre, als deepe Klänge noch nicht in Stromlinienförmigkeit, Daddeltum oder Traditionalität eingeteilt wurden und House und Techno für den Tiefgang noch selig einhergingen. Da hat man sich ja mittlerweile wieder angenähert, aber das Gefühl das diese Musik vermittelt ist in seiner Unmittelbarkeit bei der heutigen Konventionslast schwerlich zu erreichen. Angeschossener Maschinen-Soul, der ansatzlos Beine, Bauch und Kopf überrumpelt, zwischen sublimen Flächen, zwielichtigen Grooves, unzweifelhaften Worten, nächtlichem Größenwahn und exzentrischer Coolness. Mit Liebe ausgeteilt an Menschen, denen Strobe, Blackmale, Eclipse oder Saber Suchbegriffe sind und die um die entsprechenden frühen Katalognummern von Trax, Djax-Up und Dance Mania wissen, und über alles was darüber hinausgeht Bescheid wissen wollen.

06/06