Lullabies In The Dark – Iridium (Permanent Vacation)

Posted: December 4th, 2008 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , | No Comments »

Die zweite 12” von Lullabies In The Dark auf dem Münchner Label nimmt sich ein Herz und langt hin mit den Rockismen wo andere zurückzucken. Die Akustische mit der verträumten Hypnosemelodie im Hintergrund täuscht schwelgendes Gemeinschaftsgefühl an, aber dann sind selbst die holzigen Beats akustisch geschneidert, die Synth-Loops schütteln das Gebräu auf, und dann knallt er der Korken, in Form des breitbeinigsten Schweinerockgitarrensolos seit man auf Ibiza noch zu der James Gang über den Bong stolperte. Und dann Abbruch, alle fallen übereinander. Fantastisch. Superpitcher bemüht sich sehr tapfer, den ganzen Irrsinn auf emotionales Poppertum herunter zu destillieren, aber er steht letztendlich etwas konsterniert als einziger in Daunenjacke unter lauter Wildleder auf dem Happening. Aber Claude Hooper Bukowski und George Berger sind in Hair am Ende auch gute Freunde geworden.

De:Bug 12/08


Massimiliano Pagliara – Transmissions Florales (Balihu)

Posted: November 4th, 2008 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , | No Comments »

Daniel Wangs Label Balihu hat ohne Zweifel jede Menge Boden bereitet für die Space Cadets der gegenwärtigen Auseinandersetzung mit Disco und Artverwandtem. Dennoch hielt sich Wang in all dem Hype vornehm zurück, mal abgesehen von der Ilya Santana 12“ von 2004, die seinem Konzept von Disco allerdings sehr offenkundig und detailgetreu schmeichelte, und seiner EP als Oto Gelb von letztem Jahr, einem wunderlich-charmantem Statement zur Edit-Kultur und seiner Leidenschaft für Orchestrales. Den Weg des Hauses beschreitet nun der in Berlin lebende Italiener Massimiliano Pagliara fort, der schon seit einiger Zeit als DJ mit Expertenwissen und Archivar eines stetig anwachsenden analogen Geräteparks von sich reden macht. Das sind natürlich die besten Voraussetzungen und in der Tat sind hier alle mit dem Label assoziierten Klangkoordinaten an Ort und Stelle. Kaskaden verträumt modulierender Synthies prasseln ringsumher herab, kompakt zusammengezurrt von 808-Beats und Boogie-Licks, und erwecken Bilder von zufriedener Künstlichkeit und romantischem Futurismus. Blumig fürwahr, diese Übertragung, mit leuchtenden Farben und Liebe im Herzen.

De:Bug 11/08


Matt Flores – Into The Night (Farside)

Posted: November 4th, 2008 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , , | No Comments »

Der Titeltrack ist eins dieser umfangreichen Akkordepen, kitschfrei, aber immer noch eine Schippe drauf. Eine Showtreppe in House, nach oben beschritten, und dann sind da noch mehr Stufen. Da wird man ganz benommen von. Der lässige Funk mit Slap, in den sich das Stück gen Ende entblättert, an dem bleibt man dann ganz plötzlich hängen. Da könnte man glatt mehr von haben, denkt man so bei sich. Und „Tectonic Moves“ auf der Rückseite macht dann tatsächlich genau da weiter. Der Track macht sich auf einem griffigen Boogie-Fundament locker, lässt die Sounds dubbig darüber wischen und hat dabei einen schöneren Bart in der Disco als so manch andere in der Schublade. Der Dub im Gespann mit Ingo Sänger fühlt sich im Prinzip sehr ähnlich an, aber die darüber wischenden Sounds sind eben noch dubbiger. Im Ergebnis ein Fotofinish.

De:Bug 11/08


Joaquin „Joe“ Claussell – Un.Chained Rhythums (Sacred Rhythm Music)

Posted: October 5th, 2008 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , | No Comments »

Man dachte schon die Schlüsselfiguren der New Yorker Body & Soul-Szene hätten der Spiritualität, Trommeln und Traditionsforschung vorerst auf Wiedersehen gewunken und sich dem Treiben auf den Konsenstanzflächen zugewandt, der Brückenschlag zu weltweiten Weiterentwicklungen von Deepness in Techno und House schien vollbracht. Consciousness-Supremo Claussell geht auf diesem ausladenden Konzeptdoppelalbum aber nicht nur zu dem afrozentrischen Motherland-Esoterik-Jazz-Perkussion-Wohlklang-Komplex zurück, er setzt noch etliche Schippen drauf. Regnerische Urwälder voller gniedeliger Gitarrensoli, schwelgerischer Klaviere und wabernder Bläser, dazu voller Streichereinsatz, bedeutungsschwangere Interludes und es wird auf alles draufgehauen was einen Resonanzkörper hat. Dazu gibt es seitenweise prätentiöse Manifeste über Reisen, Ursprünge und überhaupt den ganzen Kosmos. Es klingt aber trotz aller Konsequenz und Dichte ungebrochen nach der Gediegenheit und Penibilität überzeugter Fusionmucker. Die unerreichte Alternative hierzu prüfe man bei Romanthonys spinnerter Achterbahnfahrt „Romanworld“ nach.

De:Bug 10/07


Move D – Cube (Running Back)

Posted: October 5th, 2008 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , | No Comments »

David Moufang verbeugt sich vor seiner Heimatstadt. „Cube“ gilt der gleichnamigen Clubinstitution und lässt sich viel Zeit die Zutaten einzupendeln: eine simple, jedoch verblüffende Perkussionsschlaufe, ein jackiger Basslauf, verstreute dubbige Klangtupfer, dazu wildpitchige Strings. Natürlich kann man sich da reinfallen lassen, man wird garantiert aufgefangen und weitergeschubst, es klingen deutlich Erfahrungswerte durch. „Heidelberg Gals“ ist ebenjenen gewidmet, und die Mädels mögen es bei ähnlich ausladender Spieldauer wohl mit ein wenig mehr Schmackes, aber auch mit ein wenig mehr Licht und Wiedererkennungswerten bei den Akkorden. Freundlich versonnene Dubklänge über einer fidelen Bassline und Stimmengewirr, da grüßen Ron und Chez, die mittlere Periode.

De:Bug 10/08


Woolfy Vs. Projections – The Astral Projections Of Starlight (Permanent Vacation

Posted: October 5th, 2008 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , | No Comments »

War das Treffen von Woolfy und Projections auf der letzten Maxi noch vollends Disco beim Barte des Propheten Harvey, schleicht sich nun beim Album auch der frühere Dunstkreis von Guidance Recordings ein, mit House-Stimmungen der gediegenen Variante und den ganz entspannten Mädels am Mikrofon. Erfrischend, dass das jetzt nicht mehr verleugnet werden muss. Als nächstes können sich dann die Neo-Deep-House-Traditionalisten und die Retro-Rock-Disco-Futuristen in die Arme fallen ein ganz großes Fass aufmachen. Hier scheint es jedenfalls noch nicht darum zu gehen, hier geht es um den vollfeisten Kraut-Dub-Wohlklang, broader than broadway, higher than the sun, river deep and mountain high, live at Pompeji, das volle Programm. Auf dem Cover kreist ein kugelblitzender Fisch um Jabbas Hauptquartier, in dem vermutlich gerade Jon, Vangelis, Arthur Russell und Herb Alpert einhüten. Ich mag ja diese unbeschwerte Bekennung zum Prog-Pomp, solange man die großen Gesten mit etwas Ironiebruch rutschfest macht. Sonst wäre es wohl besorgniserregend.

De:Bug 10/08


Erobique – Endorphinmachine (Mirau)

Posted: October 4th, 2008 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , | No Comments »

Carsten Meyer war immer schon mehr Disco und Flash Rock als alle zusammen, und nun ist zehnjähriges Jubiläum als charmantester Smoocher, gefürchtetster Tänzer und bekennendster Hedonist des Landes. In dieser Zeit hat er unzählige Tastenberge und Bühnen bezwungen, unzählige Studenten und Hauptstädte beleidigt und eine Supergruppe verschlissen. Seine angesammelten Fertigkeiten münden in etwa ziemlich direkt in „Endorphinmaschine“ ein, das nach anfänglichem Geleier, Gestotter und Gezicke in einem epochalen Discobreak gipfelt, dessen Herkunft so offensichtlich ist, dass sie mir partout nicht einfallen will, und eine punktgenaue Schnittmenge aus den Discoexperimenten der Frühphase von Ladomat 2000 und Roulé bildet. „Arf Patzo“ ist hingegen ein verwirrend disziplinierter Minimaltrack, dessen Spröde sehr effektiv von wiederkehrenden Keyboard-Kapriolen und fachfremden Shouts unterminiert wird. Vielleicht muss die angepeilte Spätkarriere als Kreuzfahrtschiffbarpianist erstmal über Rave gehen.

De:Bug 10/08


Homewreckers – American Ruhr (Unique)

Posted: October 4th, 2008 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , | 1 Comment »

Nach den letzten beiden Singles war die Tür zu denjenigen bereits aufgestoßen, die ihre Musik gerne möglichst viele Parameter aktueller Clubmusik abtastend wollen, und nun gilt es für die Homewreckers hereinspaziert auf Albumlänge. Raps, Claps, Soulabdrücke zwischen klassisch und derzeitig, ein bisschen Boogie, ein bisschen Deep House, Detroitansätze zwischen J. Dilla und Kenny Dixon. Blitzsauber produziert, nicht unbedingt geheimnisvoll, aber es wird sich durchgehend bemüht, bei den Tracks allzu gängige Stereotypen von Tiefe und Gehalt in Schach zu halten, mittels digitalen Schlieren und etwas Jazz im Unterholz, von Juan geteacht. In den Linernotes schlägt folglich Kodwo Eshun in einem fiktiven Dialog zwischen Henry Ford und Sam Dees die Brücke zwischen Ruhr Area und Motor City, und liefert damit die lustigste Geschichtsklitterung der letzten Zeit.

De:Bug 10/08


Zerocrop – Painkiller (Zerocrop.com)

Posted: September 5th, 2008 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , | No Comments »

Zerocrop hat mit Billie Ray Martin und dem most fashionable Hutmacher Justin Martin gearbeitet, mag Konzepte im Pop und ist damit auch schon im Berghain aufgetreten. Auf seinem letzten Album „Fucked“ ging es vornehmlich um Sex und Drogen, aber auch da bereits ohne diese Zweckhysterie und Billiginstrumentierung, die viele elektronische Popsachen heutzutage so lächerlich und belanglos macht, bitte konsultiert dazu vergleichsweise den letzten Bericht eurer Wahl über die Bunteklamottenprotestjugendband des Monats. Zerocrop ist viel dichter dran an den Guten in der Geschichte des Synthiepops als Horden von flüchtigen Nachfolgern, was vor allem daran liegt, dass er sehr gute Popsongs schreibt, diese mit einer sehr guten Popstimme singt und auch mit sehr guten Poparrangements ausstattet. Dazu kommen dann Texte, die überhaupt nicht Pop sind und sich intensiv und unromantisch mit dem zentralen Thema des Albums auseinandersetzen: Schmerz. In der Anstalt, im Gefängnis, im Glauben, im Krieg, in der Liebe, in der Nacht, im Abseits, im Kopf. Dazu dann aber diese schönen Melodien, die auf Drones, Pedal Steel, Cello und Rückwärtsschlaufen von Gitarren und Rhythmen treffen. Großartiges Album.

De:Bug 09/08


Dølle Jølle – Balearic Incarnation (Permanent Vacation)

Posted: September 4th, 2008 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , , | No Comments »

Jørn Pørn alias Dølle Jølle und Todd Terje sind keine einfachen Kunden. Als Shari Vari machen sie als DJ-Team und Veranstalter die Runde, schon ihre Namen sind ein Witz, sie sind die Hofnarren des norwegischen Disco-Hofs, und die Referenzen, die sie in ihr Schaffen einfließen lassen reichen von humorig bis unantastbar, von obskur bis allgegenwärtig. Die nordische Sehnsucht nach dieser goldenen Ära des balearischen Eklektizismus, in der alles ging, solange es nur dieses Soundideal und diese mythische Stimmung erzeugen konnte, die bringen sie oftmals genauer auf den Punkt als ihre Weggefährten. „Balearic Incarnation“ ist im bauschigen Original und im etwas intensiveren Terje-Remix nichts weniger als genau das, ein Konglomerat aus allen Inhaltstoffen, die jemals für das Genre ausgemacht waren, mit der Konsequenz echter Besessener ausgeführt, und doch mit genug Mehrwert, um seinen Zauber auch über diese Szene hinauszutragen. Die Praxis Feelgood.

De:Bug 09/08