Whirlpool Productions – Brian de Palma

Posted: July 23rd, 2009 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , , | No Comments »

Irgendwie kam House in Deutschland lange Jahre nicht in die Gänge. Nix Massenbewegung, nix Exportpotential, nix Sponsorenzielgruppe. Es gab zwar ausreichend Clubs, DJs und Produzenten, die sich von Anfang an mit House beschäftigten und den Sound hegten und pflegten, aber man studierte erstmal eingehend was da kistenweise importiert wurde und verschob den eigenen Einsatz auf später. Die Italiener hatten sich da schon längst zusammengeklaubt, was sie für die sonnigen Fantasiewelten ihrer Großclubs brauchten, in Holland und Belgien wollte man sich schon bald von dem amerikanischem Ausgangsmaterial emanzipieren, und in Großbritannien atomisierte die Hype-Presse bereits alle verfügbaren Stilmöglichkeiten zu Subgenres. In Deutschland hingegen wurde noch eine Weile analysiert, bis sinnigerweise der Dancefloor-Ableger vom Diskursstichwortgeber L’Age D’or diese Phase für beendet erklärte und sich alsbald beherzt daran machte, lose orientiert an der noch relativ jungen House-Historie anderer Länder, eine Reihe von sehr eigenständigen und funktionstüchtigen Veröffentlichungen zu starten. „Brian de Palma“, passend benannt nach dem Regisseur mit den dollsten Nachtclubsequenzen, ist sowohl der erste Höhepunkt als auch eine wegweisende Schnittstelle dieser Entwicklung. Hans Nieswandt, der damals in Worten wie kein Anderer auf den Punkt brachte was an House so wunderbar ist, Eric D. Clark, der immigrierte Glam-Faktor mit dem irritierenden Soul, und Justus Köhncke, der romantische Raketenwissenschaftler des Ganzen, wollten nicht länger zuschauen und nahmen sich ihre gesammelten Nightlife-Erfahrungen, ihre erheblichen Plattensammlungen, ihre durchdefinierten Popforderungen und ihren unverbrauchten Enthusiasmus für die Sache an sich, und bauten mit taufrischem Idealismus an ihrer Musik. Das allzu Offensichtliche wurde dabei vermieden, Mel Tormé oder Steely Dan kamen in die Samplebank, und nicht schon wieder Loleatta Holloway. Und obwohl hier und da DJ Pierre oder DJ Sneak als Inspirationsquelle hervorlugten, bekam man ihn hin, den eigenen Sound. Eine elastische Funkyness, eine lässige Dosis smarter Referenzen, und eine grundsympathische Einstellung im Umgang mit dem Groove. Mit jedem ihrer späteren Alben vergrößerten sie genauso schlüssig und schlau den Spielraum, den sie sich mit diesem Album eröffneten, mit oftmals ebenso sperrigen wie überraschenden Resultaten zwischen Can-Studio und surrealer Charts-Kurzkarriere. Aber diese Verbindung von Kopf und Tanzfläche war nicht mehr ganz so ausschlaggebend, und ich habe das vermisst. Die weitere Laufbahn der drei nach dem Ende von Whirlpool Productions gestaltete sich dann gleichermaßen erwartet wie unerwartet, und es ist gut zu wissen, dass sie allesamt immer noch voll drin sind in der Chose.

de:bug 07/09