Interview: Theo Parrish
Posted: July 9th, 2007 | Author: Finn | Filed under: Artikel | Tags: de:bug, Interview, Theo Parrish | No Comments »Normalerweise wirst Du ja mit der Musikszene aus Detroit assoziiert, aber Du kommst ursprünglich aus Chicago. In Deinen DJ-Sets spielst Du viele Klassiker aus beiden Städten. Ist das Absicht, Deinen dortigen Background gleichermaßen zu repräsentieren?
Es hängt viel damit zusammen, dass ich anfangs sehr daran geschult wurde, wie man in Chicago auflegt, sozusagen meine Bildungsjahre als DJ. In den ersten fünf Jahren lernt man die Mehrheit von dem, was sich später als deine Stärke herausstellt. Danach kommt das Ego ins Spiel. Nach zehn Jahren hat mein sein Ego überwunden und es geht um die Auswahl selbst und man lässt die Musik übernehmen. In Chicago war es sehr einflussreich an einem Ort zu sein, an dem man viele Leute, die als Meister ihres Fachs zu betrachten sind, dabei beobachten konnte wie sie ihren Stil entwickeln. Dabei wusste man gar nicht, dass das gerade passiert. Diese Musik wurde dann später sehr ikonisch. Ich zog in den mittleren Neunzigern nach Kansas City, zur Universität, und dort war es sehr schwierig, an die ganzen neuen Sounds zu kommen. Ich bekam anständige Sachen, aber man hatte eher Zugang zu Hip Hop, Funk und Soul als zu den House-Platten, die zu der Zeit raus kamen. Meine Eltern zogen nach Detroit und in den Ferien ging ich dann dort in die Plattenläden und hörte dann all die Sachen, von deren Veröffentlichungen ich gar nichts wusste. Beat Freak, Blaze, Kerri Chandler. Zudem passierte auch eine Menge in Detroit, es gab Soiree und Track Mode, eine Menge Label machten zur gleichen Zeit Sachen und ich hatte soviel verpasst.
Es gab also viel Nachholbedarf.
Und ob. Ich bin dann immer zur Ferienzeit nach Detroit gefahren um mehr davon zu kriegen, und mehr und mehr und mehr. Schließlich lernte ich dann einen Typen kennen, der im Plattenladen arbeitete und das war Rick Wilhite und er fragte mich immer, ob ich sowas mögen würde, weil damals jeder in Detroit extrem auf Techno stand. Ich mag Techno aber es gab auch immer bestimmte Sachen, die ich lieber mochte, das kann ich gar nicht genau begründen. Rick hörte dann auf da zu arbeiten und der nächste der mich dort fragte ob er mir helfen könnte, so mit Afro und so, das war Kenny Dixon Jr. Ich zog dann nach dem College erstmal zu meinen Eltern nach Detroit und wohnte im Keller, ich hatte keine Kohle und wie das so ist mit College Kids, die Eltern fragen sich, was man mit seinem Leben anstellen will und ich legte in der Umgebung auf und den Leuten gefiel es, also dachte ich, das mache ich weiter. Ich denke, beide Städte sind musikalisch sehr zusammengebunden und ich sehe sie irgendwie als gleichen Ort. Es gibt entsprechende Traditionen in beiden Städten, der größte Unterschied ist, dasd Detroit traditionell mehr auf Melodie eingestellt ist und Chicago mehr auf Rhythmus. Das wechselt von Produzent zu Produzent. Manchmal hast du einen sehr perkussiven Detroit-Track und einen sehr melodiösen Chicago-Track, aber meistens treibt der Beat das Zeug aus Chicago an und die Melodie das Zeug aus Detroit. Die Beats in Detroit sind oft komplexer, weil sie auch als andere Einheiten in der Bauweise eines Songs benutzt werden, der Beat in Chicago ist meistens nicht so komplex, er ist einfach, sehr effektiv und sehr ansteckend. Es sind dann die Melodien, welche die verschiedenen Emotionen in den Track bringen, wohingegen die Melodien in Detroit sich um den Track herumwickeln und sich fast wie ein Beat verhalten, das ist ästhetisch sehr interessant. Dann gibt es merkwürdige Hybriden wie von K.Alexi, die irgendwo dazwischen liegen. Oder Leute wie Scott Grooves, die zwischen New York und Chicago sind, er ist ganz unbeschreiblich. Man hatte also zu der Zeit verschiedene Produzenten, die auf Eigenarten der Sounds in ihrer Entwicklungsphase trafen, bevor die Neunziger die Zeit war, wo beide Szenen sehr aktiv und fruchtbar waren. Man hatte da fast den Anfang der brillanten Karriere von Glenn Underground und seinem Output, weil zu der Zeit Cajual passierte, danach Prescription und Balance. Man hatte alle diese Produzenten, die den Grundstock von dem herausbringen konnten, was wir jetzt als House kennen. Wenn man den Vorteil hatte, an dieser Chicago-Herangehensweise geschult zu sein, bekam man anschließend keinen Respekt, wenn man als DJ nur Songs gespielt hat, die man mit dem Pitch angleichen konnte, denen Midi, Timing oder Sequencer beigefügt waren. Tracks mit Wechseln, Funk, Soul, Disco, wenn man das mixen konnte, zeigte das deine Fertigkeiten und du bekamst als DJ Respekt. Und jeder machte das, wirklich jeder. Es gab so viele Bedroom DJs in Chicago, das war schon fast lächerlich. Viele sind jetzt Mittdreißiger oder Vierzig und machen das immer noch, weil sie House lieben. Ich war gesegnet, weil ich meine Wurzeln verlagern konnte. Ich brauchte ein wenig Zeit, um in die Szene in Detroit zu kommen und jetzt bin ich ein bisschen der Außenseiter in Chicago. Aber weil ich dort eine Geschichte habe, ist es nicht so schlimm. In lebe in Detroit, ich gebe mein Geld da aus, meine Frau kommt von da, das ist jetzt mein Zuhause. So eine bewusste Sache ist das auch nicht, aber wenn ich ein Set zusammenstelle, wie jetzt z. B. für Berlin, dann weiß ich, dass es nicht so viel Sinn macht, viele Platten aus New York einzupacken, oder L.A., selbst aus anderen Teilen von Europa. Höchstens ein paar Tunes die passen, unbestritten sind und nicht so regional konnotiert sind. Es gibt aber auch einen bestimmten Anteil Geschichte, an den ich sehr gewöhnt bin und es ist manchmal einfacher bequemer für mich, entsprechende Songs zusammenzustellen und diese funktionieren auch als Referenz für Geschichte. Wenn ich einen Edit von „Jungle DJ“ spiele, ist das ein Hinweis an viele andere Tracks, die gerade im Umlauf sind. Ich kann zeitgemäße Stücke mit älteren Sachen mixen und eine Geschichte erzählen, so dass Leute, die auf eine Party kommen auf der ich spiele, nicht das Gefühl bekommen einer DJ-Performance beizuwohnen, sondern dass da etwas ist, das geteilt wird. Kommt rein und amüsiert euch. Weil es Geschichte ist, mit der ich gut vertraut bin, besteht eine gute Chance, dass ich das in einer Art präsentieren kann, die für euch annehmbar und unterhaltsam ist. Das ist so die Geisteshaltung die ich annehme, wenn ich mich als DJ vorbereite. Read the rest of this entry »
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