Posted: December 7th, 2009 | Author: Finn | Filed under: Artikel | Tags: Burt Bacharach, Interview, Michael Kummermehr, Rewind, sounds-like-me.com | No Comments »
im Gespräch mit Michael Kummermehr über “Alfie” von Burt Bacharach (1966).
Kannst Du Dich noch daran erinnern, wann Du das erste Mal bewusst Burt Bacharach gehört hast?
Ja, ich glaube das müsste im öffentlich-rechtlichen Fernsehen vor der Kabelfernsehzeit gewesen sein. Als ich ein Kind war, Mitte/Ende der 70er, lief „Butch Cassidy And The Sundance Kid“ mit Robert Redford und Paul Newman. Einer der Westernklassiker, den man aber als Kind komisch findet, weil die Cowboys auch Fahrrad fahren und oft verliebt sind. Besonders “Raindrops Keep Fallin’ On My Head”, von Billy Joe Thomas gesungen, ist einer der Radiohits, die man schon als Sechsjähriger im Ohr hat, was einen aber noch nicht zum erklärten Bacharach-Fan macht. Allein deshalb, weil man in dem Alter glaubt, dass der Sänger seine Lieder da im Radio selber macht. Ich denke, wer Burt Bacharach ist, habe ich im Ansatz erst in den frühen 90ern verstanden. In der Spex gab eine Rubrik namens „Legendäre Typen“ (die Spex war damals noch ein reines Herzblutprodukt und heute vergleichbar mit einem gut gemachten Blog, also in Themenauswahl und Meinungsmachertum sehr subjektiv, sehr unberechenbar, oft gewagt und fast ebenso oft gewinnend charmant). Diese Reihe handelte von einflussreichen Über-Kreativen wie Arthur Baker, Tony Wilson und… Burt Bacharach – Ein Hugh Hefner mit Steinway Flügel. Das war ungefähr zu der Zeit als, die Interpretationen von „Look Of Love“ von Wild Bunch und „Say a Little Prayer“ von Bomb The Bass herauskamen.
Übrigens: Wenn man alte Tapes von Soul II Soul oder Wild Bunch Warehouse Parties der späten 80er und frühen 90er hört, ist man erstaunt, dass da 60ies-Instrumentals von Schifrin, so wie den Ventures oder Shadows liefen. Der Name Bacharach fiel mir auch immer auf, wenn wir auf der A61 von Ludwigshafen nach Köln gefahren sind: Dann passierte man die Autobahnausfahrt Bacharach. Ein Städtchen am Rhein im Kreis Mainz Bingen. Bestimmt süß und gutes Essen gibt es da sicher auch. Ich war noch nie da.
Bacharach hat unzählige Klassiker geschrieben. Warum hast Du Dich für “Alfie” entschieden? Was macht den Song so speziell für Dich?
Haha! Frage 2 und schon kommt die rhetorische Frage. Meine Frau und ich haben uns den – jedenfalls kommt es meinen Eltern so vor – bourgeois-exzentrischen Luxus erlaubt, unseren Sohn Alfie zu nennen, ohne Zweitnamen und andere Tricks. Im Standesamt in Pankow, wo ich die Geburtsurkunde abgeholt habe, war deswegen auch echt “High Life”. Die Bediensteten fanden Vor- und Nachnamen einfach oberniedlich. Die Damen um die 50 hatten Tränen der Rührung in den Augen, bevor es Schlag 11.30 in die Mittagspause ging. Meine Frau Andrea kam auf die Idee, Alfie, Alfie zu nennen. Sie fand das Lied schön und wollte einen englischen Namen, den man im Deutschen so aussprechen kann, wie man ihn liest. Weil wir eine Erinnerung an unsere schöne Zeit in London haben wollten und weil unser Kind auf keinen Fall einen dieser Kollwitzplatz-Namen bekommen sollte, Luca oder wie die alle heißen. – Ich meine, Luca oder Leon sind absolut süße Namen, auch diese bildungsbürgerlichen altdeutschen Namen sind spitze, aber deren Individualisierungstauglichkeit geht vor unserer Haustür leider gegen Null.-
Ich muss noch immer an diese Vorlesung in Rechtsphilosophie denken, in der Professor Pawlowski den Hegelschen Weltgeist erklärt hat. Er meinte (das ist 17 Jahre her), dass in zehn Jahren Namen en vogue seien werden, die wir heute (also damals) als unpassend empfinden, und dass dann die zukünftige (also die heutige) Mehrheit, diese Namen als sehr schön und würdig für die eigenen Kinder empfinden würde. Dass also die Mehrheit bzw. die Welt durchdrungen von dem Geist sei, ihren Kindern solche Namen zu geben. Das sei mehr als Gruppenzwang und mehr als Mode. Ich fand es ein bisschen unheimlich. OK…zurück zur Frage. Wir fanden das Lied so gut, dass wir uns gegen den herrschenden Weltgeist gestemmt haben. Read the rest of this entry »
Posted: November 30th, 2009 | Author: Finn | Filed under: Artikel | Tags: Franz Josef Degenhardt, Interview, Jan Joswig, Rewind, sounds-like-me.com | No Comments »
Im Gespräch mit Jan Joswig über “Umleitung” von Franz Josef Degenhardt (1966).
Wie und wann bist Du auf “Umleitung” bzw. überhaupt auf Franz Josef Degenhardt gestoßen?
Mein Schulfreund und ich dachten es wäre als Korrektiv zu unseren unverschämt blonden Surferhaaren wichtig, wenn wir uns als nachdenkliche Humanisten inszenierten statt als draufgängerische Hedonisten. Während die anderen Haschpfeifen am Gürtel trugen, schleppten wir eine Wandergitarre mit uns rum und hörten Georg Danzer, Konstantin Wecker, Bettina Wegner und Franz Josef Degenhardt. Fast wären wir in die Jugendpolitik gegangen. Ehrlich gesagt, bin ich’s sogar. Ich war Gründungsmitglied des „Grün Alternativen Jugendverbandes“. Aber es war nur wegen der Prinz-Eisenherz-Comics von Hal Foster, die der Kassenwart sammelte. Ich schwör’s beim Singenden Schwert!
Was macht “Umleitung” so wichtig für Dich?
„Umleitung“ ist der Freud’sche Versprecher in Degenhardts Werk, das Stück, das geheime Identitäts-Vorstellungen von ihm verrät: einmal der Star mit Pflaumenhintern-Groupie sein statt immer der Oberlehrer-Entertainer mit Faltenrock-Tanten am Rollkragenzipfel. Ich bilde mir ein, diesen Einblick hat er nur halb bewusst inszeniert. So viel unkontrollierte Sehnsucht und Frustration blitzt sonst nie im Liedermacher-Genre auf. Ferien vom eigenen (politisch-künstlerischen) Ich nehmen und sich endlich „ruhig mal reaktionär sein“ lassen. Als „miesen Chauvi“ haben wir ihn in unseren Wandergitarre-Zeiten dafür geächtet (erinnert sich heute auch keine Sau mehr dran, an dieses Schimpfwort). Read the rest of this entry »
Posted: November 23rd, 2009 | Author: Finn | Filed under: Artikel | Tags: Interview, Prefab Sprout, Rewind, sounds-like-me.com, Tobias Rapp | No Comments »
Im Gespräch mit Tobias Rapp über “Andromeda Heights” von Prefab Sprout (1997).
Wie und wann war Deine erste Begegnung mit Prefab Sprout?
Erstaunlich spät. Tatsächlich war “Andromeda Heights” die Platte, mit der ich Prefab Sprout entdeckt habe. Im Grunde fiel sie mir aus dem Himmel, in dem sie spielt, vor die Füße. Ich hatte ganz viel verschiedene Musik in den Neunzigern gehört: Techno, Hiphop, Jazz, Sixties-Pop, alles mögliche, aber nur sehr selten Musik, die von einem so emphatischen Popbegriff lebt, wie Prefab Sprout das tun. Die wollen ja beides: Pop als Zeichensystem benutzen, also in so einem Pop-Referenz-Universum leben, und selbst Pop sein, also mit der großen Geste spielen, “we were quoted out of context, it was great”, wie es in “Electric Guitars“ so schön heißt.
Meine damalige Freundin hat mich auf Prefab Sprout gebracht – und Thomas Groß, der damals Popredakteur der taz war und über die Platte geschrieben hat. Einen schönen Text, in dem er die Platte als große Geste der Modernisierungsverweigerung beschreibt. Das mag sich damals so angehört haben, neben Drum’n’Bass und Tricky. Von heute aus ist die Platte ja ganz eigenartig zeitlos, finde ich.
Von “Andromeda Heights” aus habe ich mir dann die anderen Dinge nach und nach auch angehört. Natürlich ist mir in den Achtzigern “Cars and Girls” auch schon mal untergekommen, wobei mir damals natürlich entging, dass es ein Answer-Song auf auf “Down By The River” von Bruce Springsteen ist. Ich dachte, irgendwie sei das ein Stück über Autos und Mädchen. Ein super Missverständnis und ganz im Sinne von Prefab Sprout, würde ich vermuten, weil ich das einfach als Popsong gehört habe, er also auch ohne den Meta-Pop-AnteiI funktioniert hat. Doch richtig tiefen Eindruck hat er nicht hinterlassen. Das fing erst mit “Andromeda Heights” an.
Warum hast Du Dir “Andromeda Heights” ausgesucht?
Weil es meine Lieblingsplatte ist. Im Sinne von: eine der ganz wenigen Platten, die ich immer wieder hören kann. Read the rest of this entry »
Posted: November 16th, 2009 | Author: Finn | Filed under: Features | Tags: Interview, Jeffrey Sfire, Patrick Cowley, Rewind, sounds-like-me.com | No Comments »
In discussion with Jeffrey Sfire on “Mind Warp” by Patrick Cowley (1982).
What was your first encounter with “Mind Warp”?
I was living in Chicago going to university and I found “Menergy” in a store and thought “obviously this is for me”. After that I found “Mind Warp”. Instantly there was a connection. I started reading about Patrick and fantasizing about gay disco life in San Francisco. I think every gay kid from my generation is obsessed with a 70’s gay fantasy. I had been hanging out in leather bars and got a tour of a closed bathhouse/disco still preserved from the 80’s. It was all perfect timing.
Why did you choose this particular album from the works of Patrick Cowley? Are there personal favourites among the songs or do you like it in its entirety?
I love it all. It’s great start to finish. It’s pretty serious and much darker which I always seem to gravitate towards. It was the first album of his I listened to which is kind of backwards because it’s his last but it always stuck out even after hearing everything else. The more I listened to it the more I saw and heard. Singing about technology (“Tech-no-logical world”) in 1981 was so interesting to me, and we’re still singing about it now 30 years later! If he only knew. Of course “Mind Warp” the song is a favorite, and the delay on that one synth in “They Came at Night” is amazing! “Goin’ Home” always intrigued me for some reason. I’d later learnt what it was really about. Read the rest of this entry »
Posted: November 9th, 2009 | Author: Finn | Filed under: Features | Tags: Interview, Rewind, sounds-like-me.com, Surgeon, The Art Of Noise | No Comments »
In discussion with Surgeon on (Who’s Afraid Of?) The Art Of Noise! by The Art Of Noise (1984).
How did you first encounter The Art Of Noise?
Difficult to remember as it was so long ago, perhaps it was seeing them perform “Close to (the Edit)” on Top of the Pops wearing those masks. That was in 1984.
What made you decide for this album? Why is it so important to you?
For me it’s a forgotten gem in the history of English electronic music. I fondly remember listening to it again and again. Read the rest of this entry »
Posted: November 2nd, 2009 | Author: Finn | Filed under: Artikel | Tags: Interview, Nicolette, Rewind, Sebastian Dresel, sounds-like-me.com | No Comments »
Im Gespräch mit Sebastian Dresel über “Now Is Early” von Nicolette (1992).
Wie bist Du zuerst auf “Now Is Early” gestoßen?
Das war insofern einfach, als dass alles was auf “Shut Up & Dance” kam einfach Pflichtübung war. Aus irgendeinem, mir schlussendlich nicht erklärlichen, aber ausgesprochen glücklichen Umstand, hatten in unserem überschaubaren Mannheim schon Jahre zuvor einige Leute ein sehr feines Gehör für alles entwickelt, was in England so geschah. Interessant für mich ist diesem Zusammenhang aber vor allem auch das “Wo?” . Ich habe damals in der hiesigen WOM-Filiale (für diejenigen die sich nicht erinnern – eine Plattenladenkette namens „World of Music“) am so genannten “Vorspieltresen” gearbeitet. WOM war ein Franchise-Laden, was bedeutete, dass man in der Order deutlich autarker war als reine Filialen einer großen Kette, die teilweise zentral bestückt wurden. Und so war ausgerechnet eine WOM-Filiale mitten in Mannheim einer der am besten sortiertesten Plattenläden, die mir je über den Weg gelaufen sind.
Gregor “DJ. GO.D.” Dietz (der sich u. a. als “Brainstorm” auf R&S Records bemerkbar gemacht hat und mit seinem damaligen Partner auch die famosen TZ 8 und 9 verantwortet) – der, zu meinem immer noch anhaltenden Grauen, vor 4 ½ Jahren verstorbene großartige Freund, Musiker und DJ – hat die “Disco-Abteilung” (die Zusammenfassung der Stilistika in dieser Abteilung ist ein Thema für sich, auf das ich gleich nochmal komme) geleitet und Holger “Groover” Klein (der – das muss man auch unbedingt sagen, schlicht derjenige war, der “Breakbeats” in Deutschland vor jedem anderen gesportet hat) hat ebenfalls da gearbeitet.
Ich stand also am Vorspieltresen und habe den ganzen Tag für alle möglichen Leute ihre Platten aufgelegt. Angesichts der anderen Abteilungen, die durchweg von ziemlichen Freaks bestückt wurden, war das eine wahnsinnige Vielfalt an Input für einen jungen Typen. So wird mir zum Beispiel Nirvanas “Nevermind” immer in erster Linie als eine Platte in Erinnerung sein, die zunächst einmal monatelang weitestgehend unberührt im Regal vergammelte, obwohl sie der zuständige Typ aber auch wirklich jedem aufzudrängen versucht hat. Ich gebe zu, dass ich an meiner Schule auch nicht mit Wissensvorsprung-Überheblichkeit gespart habe. Wollte ja monatelang keiner wissen.
Aber zurück zur Disco-Abteilung, in der dann die erste Stereo MCs oder Silver Bullet zusammen mit diesen ganzen Soul Sachen Marke Levert, zunächst auch dem ganzen Acid-Jazz-Katalog, C&C Music Factory, Archie Bell and the Drells, Mister Fingers, KLF, Chill Records oder Plus 8 und vor allem den ganzen wunderbaren ersten Warp-Records wie etwa Sweet Exorcists „Clonk“ in einer Ecke versammelt standen. Der damalige Manchester-Rave-Zusammenhang war bei Wave einsortiert und ich entsinne mich der Debatten, warum eigentlich. Zumal Holgers Blick auf Breakbeats sicher eher aus einem Zusammenhang entstand, der sich aus The Jam, Orange Juice, Clash und dem Factory Records-Backkatalog samt des ganzen On-U-Universums (den ich eher über die Depeche Mode Mixe und dann vor allem über Gary Clails wunderbaren „Emotional Hooligan“ erschlossen habe) und eben den späteren Manchester Bands speiste und quasi nahtlos daraus erwuchs.
Biz zum heutigen Tage scheint es mir nicht fraglich, warum sämtliche Nitzer Ebbs, Weathermen und Front 242s des Planeten damals eben nicht bei „Disco“ (und damit eben in der Nähe von Techno) einsortiert waren und insofern House, Techno und Breakbeat der Zeit immer auch „räumlich“ in einem Zusammenhang mit Soul und Hip Hop und Jazz standen. Insofern auch nicht verwunderlich, dass so Typen wie Talla später wieder nur Schrott gemacht haben. Irgendwie haben wir hier so eine Hacienda-Sozialisation nachempfunden ohne es genau zu wissen (zumindest ich nicht). Dass Holger dieses „It’s grim up north“ T-Shirt abgegriffen hat, schmerzt mich bis heute. Und wenn ich jetzt den Titel von Peter Hooks Buch lese „How Not To Run A Club“ dann fällt es schwer, das nicht auch auf’s Milk zu beziehen. Eine ausgesprochen wertvolle Erkenntnis übrigens, dieses immer wiederkehrende Phänomen des Dilettantismus.
Aber nochmal zur eigentlichen Frage. Auf „Now Is Early“ zu stoßen war zunächst keine Entscheidung aufgrund der Platte selbst. Ich kannte Nicolette vorher schon weil ich „O si Nene“ als 12“ gekauft hatte und das rauf und runter lief. Die B-Seite war ja zusätzlich mit einem „Strings of Life“ Sample bestückt, was eben auch den damals ja ganz eindeutigen, ja zwangsläufigen Zusammenhang zwischen Detroit und England verdeutlicht. „Waking Up“ war ja auch noch früher und man wollte alleine des Remixes wegen die ganze Platte haben. Mal ganz abgesehen davon, dass „Waking Up“ dann im Milk zu den allabendlichen Putzlicht-Platten zählte. In einer Reihe mit „Loaded“, „Strings Of Life” (Beatless), M1s „Feel The Drums“ oder YBU’s „Soul Magic”. Ziemlich balearisch ging es da zu. Auch wenn ich dieses Wort damals sicher nicht verwandt habe.
Warum hast Du Dir dieses Album ausgesucht? Was macht es so wichtig für Dich?
Zum einen die bis zum heutigen Tage immer noch nicht annähernd ausgelotete Frage, wie aus dem „Dance“-Zusammenhang (oder wie man es auch immer nennen will) auch wieder der klassische „Song“ erwachsen kann. Also eine Art Rückwärtsbewegung im Disco-Historien-Sinne. „Now Is Early“ ist eine Signature-Platte einer Zeit, die ich für mich als irre prägend wahrgenommen habe. Es wäre schlicht verlogen zu behaupten, dass sie mir damals als so besonders aufgefallen sei, wie ich sie heute einschätze. Ich empfand das auf gewisse Weise als normal, mit Ansätzen konfrontiert zu werden, die mir unbekannt waren, mich begeistert, aufgeregt aber auch gefordert haben.
Vielleicht habe ich sie auch genau aus diesem Grund ausgesucht. Weil sie für Stilprägung steht und gleichzeitig immer solitär geblieben ist. Aufregend ist sie auch heute noch. Als Mike Skinner auf „Original Pirate Material“ bzw. auf „Sharp Darts“ fragte „’ave you ever ’eard a beat like this?“ habe ich mich schon denken hören: „yeah, mate! I ’ave. Kind of.“ Als ich über die Auswahl nachgedacht habe, habe ich mit meinem besten Kumpel King Kummi of D*ruffalo Fame auch über „Road To Nowhere“ von den Young Disciples gesprochen. Eine echt schwierige Entscheidung, weil „Road To Nowhere“ so unfassbar toll ist. Aber „Now is Early“ verbildlicht eben auch vieles, was mir Techno jemals bedeutet hat. Von ihr gehen so viele Pfade aus, dass ich sie kaum zusammenfassen kann.
Die Assoziationsketten reichen von King Tubby bis zu Grant Green auf Blue Note, den ich etwa zur selben Zeit für mich entdeckt habe. Auch die für mich absolut glasklare Logik hinter der Verbindung zu Two-Tone und so etwas erscheint mir weniger über Umweg meiner wunderbaren Vespa, als über eine tiefer liegende Ästhetik zu funktionieren. Ich würde das nicht Mod nennen, aber den Begriff im Sinne seiner modernistischen Bedeutung muss man schon mal fallen lassen. Wenngleich sicher weniger im Sinne besonderer modisch-zeitloser Vorlieben dieser Tage.
Aber es erscheint mir heute schon irgendwie stimmig, dass ich meine musikalische Identität damals irgendwie als Daisy-Age-Raver-Pop-Scooter-Boy gesehen habe. Aber damals war ich schwer zerrissen, weil ich vermutlich lieber irgendetwas von all dem richtig gewesen wäre. Was aber auch irgendwie nicht ging. Man hat eben auf dem Weg ins Milk Toots & The Maytals gehört und auf dem Rückweg Inner City. Read the rest of this entry »
Posted: October 26th, 2009 | Author: Finn | Filed under: Artikel | Tags: Hendrik Lakeberg, Interview, New Order, Rewind, sounds-like-me.com | No Comments »
Im Gespräch mit Hendrik Lakeberg über „True Faith“ von New Order (1987).
Wie bist Du auf „True Faith“ gekommen? Was war der erste Zusammenstoß mit dem Stück?
Ich bin ja gerade auf dieses Stück gekommen, weil das Stück mich eben nicht schon seit Jahrzehnten bewegt. Es war eher eine Intuition. Mir ist der Moment eingefallen, als ich das zum ersten Mal gehört habe, und der illustriert ganz gut warum ich es ausgewählt habe. Ich war ungefähr 20 und kannte das Stück nicht von der Zeit als es herausgekommen ist, da war ich 9 Jahre oder so und hatte es zu dem Zeitpunkt also nicht gekauft. Ich habe es im Radio gehört und mochte es, wusste aber nicht, wer das war. Dann war ein Tag, wo ich die Straße lang gelaufen bin, und dieses Stück als Ohrwurm im Kopf hatte, und es kam genau in dem Moment aus irgendeinem Auto, ich glaube es war sogar ein Cabrio, das an der Ampel stand. Das war seltsam, und es war das erste Mal, dass ich es ganz bewusst gehört habe. Und ich habe gedacht, dass ich herausfinden muss, was das für ein Stück ist und habe mich darum gekümmert. Und seitdem ist es immer wieder eins meiner Lieblingslieder gewesen. Es gab es eine Zeit, da habe ich es gar nicht gehört, dann wieder, dann habe ich Platte mal verloren und wieder gekauft. Das Stück hat mich irgendwie begleitet.
Und das immer noch?
Ja, jetzt gerade nämlich wieder. Ich weiß nicht genau warum, aber es hat wieder mit dieser Intuition zu tun. Ich glaube, dass Pop bzw. Musikhören ganz viel damit zu tun hat. Nicht mit einer bewussten Entscheidung, sondern mit dem Empfinden, dass dir irgendetwas an einem Stück gefällt, und du weißt gar nicht warum. Es ist wie etwas Vorbewusstes. Das Stück hat textlich ganz viel damit zu tun, das etwas zu Ende geht und etwas Neues anfängt. Vielleicht liegt es daran, aber ich kann es Dir nicht sagen. Es ist nur so ein Gefühl. Read the rest of this entry »
Posted: October 19th, 2009 | Author: Finn | Filed under: Features | Tags: Alan D. Oldham, Interview, Lenny White, Rewind, sounds-like-me.com | No Comments »
In discussion with Alan D. Oldham on “Presents The Adventures Of The Astral Pirates” by Lenny White (1978).
When and how was your first encounter with “Astral Pirates”?
My late grandmother used to work at Wayne County Community College in the ’70s in Detroit and was friends with the music reviewer for the school newspaper. When she finished reviewing a record or didn’t want it anymore, she gave it to my grandmother and she gave it to me. I was in my early teens. I got a few albums that way. This was 1978.
Why did you choose this album of all his works? What makes it so
important for you?
I didn’t choose it, it chose me! It was one of the records that my grandmother gave me. There was a stack of them. Queen “Jazz,” A Jan Hammer album. Stuff that was on Elektra in those days. But this one stood out for me because of the Mike Kaluta painted cover, the comic-book element and sci-fi concept. Read the rest of this entry »
Posted: October 12th, 2009 | Author: Finn | Filed under: Artikel | Tags: Dr. Buzzard’s Original Savannah Band, Interview, Rewind, sounds-like-me.com, Thomas Meinecke | No Comments »
Im Gespräch mit Thomas Meinecke über “Dr. Buzzard’s Original Savannah Band” von Dr. Buzzard’s Original Savannah Band (1976).
Beginnen wir mit einer simplen Frage. Wie bist Du auf Dr. Buzzard’s Original Savannah Band gekommen?
Den Namen habe ich zuerst in Andy Warhols Magazin Interview gelesen, ich würde mal tippen so 1977 oder 78. Da gab es damals eine sehr gute Musikkolumne von Glenn O’Brien, und Interview war in den Zeiten, als es noch nicht so richtig losgegangen war mit dem Hedonismus in der Subkultur, ein Zentralorgan. Man konnte sich sowohl über P-Funk informieren als auch über frühe Ausformungen von New Wave, Pere Ubu, Richard Hell, Blondie usw. Diese ganze Szene wurde natürlich sofort quasi vor der Haustür chronistenmäßig mitgeschrieben. Hier in Deutschland war von der Informationsseite in Sachen interessanter Rock, Pop, Soul und sonst welche Musik nicht viel geboten. Es gab damals die Zeitschrift Sounds, dort glänzte dann manchmal Ingeborg Schober mit einem Artikel über Kevin Ayers oder Roxy Music-Ableger, oder La Düsseldorf und Neu!, es war noch die Zeit bevor Leute wie Diedrich Diederichsen dort geschrieben haben, oder Hans Keller, die das Andere dann auch aufgegriffen haben. Wenn man aber ein bisschen mehr wissen wollte, fand ich es echt schwierig, und ich bin sowieso Warholianer und fand in Interview eine schöne Quelle. Und da wurde dann im Zusammenhang mit ganz anderen merkwürdigen Musikformen, ich glaube es war tatsächlich gerade etwas mit P-Funk geschehen, Dr. Buzzard erwähnt. Und wie das dort beschrieben wurde hat bei mir sofort eine Sehnsucht losgetreten. Ich war eben jemand, der auch damals gerne Disco hörte, ich hörte aber auch gerne Punk und mochte das Gebrochene in Disco. Ich fand den Camp-Aspekt, den man als Leser von Andy Warhols Interview sowieso beherrschte oder erkennen konnte, an Popmusik immer sehr reizvoll. Das Zitathafte, das Vorformulierte. Und es schien mir in der Beschreibung dessen, was diese Band machen würde, als wäre das so eine Art afroamerikanische Ausgabe von Roxy Music. Eine dandyeske, hedonistische Formation, die über das, was man von anderen, sehr eleganten Formationen wie Chic kannte, hinausging. Und so war es dann auch. Ich habe mich auf die Suche gemacht, man konnte über Import die Sachen schon irgendwie erwischen, und da kam dann gerade das zweite Album „Meets King Pennett“ raus als ich das las. Das habe ich mir gekauft und dann das erste gleich danach, was ja schon 1976 erschienen war. Und 79 kam dann ja gleich noch „Goes To Washington“ raus. Das sind die drei ganz großen Alben dieser Band. Es gab später noch ein etwas verunglücktes, wo auch die Besetzung nicht mehr dieselbe war. Und es gab natürlich eine ganz große Folgegeschichte ins etwas leichter Verständliche, mit Kid Creole & The Coconuts, den Coconuts und Coati Mundi usw. Diese ganze New York-Paris-Achse auf dem ZE-Label, wo es dann rüberging bis zu James Chance, der dann plötzlich bei den Aural Exciters mitspielte. Und plötzlich mischte sich das, was man Post Punk nannte, mit Disco, was ja heute ganz modisch und modern ist, diese ganze Post Punk/Disco-Connection. Und das Ganze kündigte sich mit Dr. Buzzard schon an.
Wenn Du damals über Interview davon erfahren hast, ist das ja schon ein Erstkontakt, der kontextuell vorbelastet ist. Konnte die Musik denn einlösen, was Du Dir davon erhofft hattest?
Ja, es hat es total eingelöst und ist sogar noch darüber hinausgegangen. Ich fand es, um mal den etwas merkwürdigen Begriff von Ornette Coleman auszuleihen, „harmolodisch“. Ich hatte das Gefühl hier ist eine musikalische Theorie am Start, die ich gar nicht in Worte fassen kann, aber der ich völlig fasziniert lausche. Und nicht nur lausche, zu der konnte man ja auch ganz toll tanzen. Es hörte sich an wie wenn man zwei Radiosender gleichzeitig hört. Die Anleihen bei leicht verständlicher Musik wie Swing, was ja die Camp- (schwule) Subkultur schon seit Jahrzehnten vorgemacht hatte, wie man spießige Elemente wie Glenn Miller gegen den Strich lesen konnte zu einem Soundtrack der Dissidenz, der sexuellen insbesondere, die ja auch immer eine politische war. Es war ja damals sowieso gang und gäbe, dass Disco sehr zickige und spießige Swing-Elemente rekontextualisierte, resignifizierte, völlig neu ins Feld führte. Aber hier ging es noch darüber hinaus, hier war es tonal sowas von komplex und schwierig. Versuch mal so eine Melodie nachzusingen, die diese unglaubliche Sängerin Cory Daye da immer zu singen hat bei denen, das ist unglaublich komplex und wurde später bei Kid Creole auch runtergerechnet auf einfachere, und dann vielleicht auch massentauglichere Formeln. Ich erinnere das so, dass mich das echt umgehauen hat. Ich fand den Sound der Bassdrum unglaublich. Den habe ich eigentlich erst wieder bei Theo Parrish gehört. Eine große, runde, weiche, unverhältnismäßig laut abgemischte Bassdrum, die dann sogar in Stücken wirkt, die gar nicht Disco sind, so wie bei „Sunshower“, das vor kurzem von M.I.A. noch mal als Sample auf die Tanzfläche geführt wurde. Unglaubliche Sounds, unglaublich viel Arbeit. Ich habe irgendwo mal gelesen, 600 Stunden waren sie im Studio fürs erste Album und haben dann wohl trotzdem von der Plattenfirma kein weiteres Backing erfahren. Sie haben gesehen, „Ah, die Platte steht ja schon in den Läden!“, und hatten davon noch gar nichts gewusst. Aber sie wirkt so, wenn man sie sich anhört, von einer solchen Elaboriertheit und Sophistication, wie man es selten bei Plattenproduktionen hat. Read the rest of this entry »
Posted: October 5th, 2009 | Author: Finn | Filed under: Features | Tags: D*Note, Damir Ivic, Interview, Rewind, sounds-like-me.com | No Comments »
In discussion with Damir Ivic on “Criminal Justice” by D*Note (1995).
D*Note was quite an active project. What made you choose this album out of their varied back catalogue?
Varied, and not always excellent. “Babel”, Matt’s first effort as an album, was excellent, but still naive in some sounds. Breakbeats, for instance – they were quite standard and not so creative, original and classy as they are on “Criminal Justice”, and generally speaking the arrangements were quite keen to the jazzy hip-hop flavour of that era. Later, only some parts of “Fuchsia Dog” matched the unbelievable quality of the first two albums. The rest of the D*Note catalogue is… I wouldn’t say disappointing but… yes, maybe I’m sayin’ it!
On his Myspace page, D*Note’s mastermind Matt Wienevski describes his music as a “cross between Ravel, Miles Davis and Photek”. However high this self-explanation aims, would you agree to some extent?
It’s 100% correct, I think. Plus, there’s room for Michael Nyman. If “Birth Of Cool” was carrying interferences made by Photek and Nyman (and maybe Ravel, ok), we’d have had “Criminal Justice” decades ago. Hey, I perfectly realize that these words sound TOO big. But please, listen to the album… Read the rest of this entry »
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