Nicolette Larson – Lotta Love (Warner Bros. Records)

Posted: July 4th, 2009 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , , | No Comments »

Spätestens seitdem die Gibb-Brüder ab Mitte der 1970er höchst erfolgreich auf Tanzfläche umschalteten, war klar, dass Disco als System offen genug war, auch das Karrieretief von anderen Künstlern zwischen MOR-Soft Rock und Country aufzufangen. Wem Disco in der klassischen Ausprägung zu schwarz oder zu schwul war, konnte alsbald Stücke auf Alben in diesem weiten Feld finden, die sich entweder zaghaft über R&B-Anleihen oder wagemutig über 4/4-Funktionalität an die Glitzerclubs der großen Städte annäherten. Es dauerte gleichermaßen nicht lang bis die dortigen DJs erkannten, dass es der notwendigen Emotionalität ihrer Morgenstunden-Sets absolut nicht schadete, klassische Disco- und Soulballaden mit ein paar flashigen Rockschiebern zu verbinden. Das Grundgefühl zählte, und die Barrieren zwischen den Songwriting-Traditionen waren nicht mehr hoch genug um zu verhindern, dass sich eine Schnittmenge vormaliger Antipoden ergab, an der sowohl jene Freude haben konnten, denen Clubkultur eigentlich nichts bedeutete, als auch jene, denen Rock per se zu unfunky und weißbrotig war. Wenn man sich die gegenwärtige Renaissance von discoiden Rocksongs anschaut, ist das im Prinzip auch so geblieben, auch wenn diese ungleiche Liebesaffäre in der Disco-Ära eine Episode blieb, die allen Beteiligten in der späteren Rückschau eher unangenehm war. „Lotta Love“ von 1978 ist jedenfalls die Krone dieser Schöpfungen. Eine Neil Young-Backgroundsängerin interpretiert einen Song desselben, und wie so oft bei ihm entwickelt sich der Song erst in der Coverversion zu einem atemberaubenden Großereignis (siehe auch die ähnlich gelagerte Version von „Only Love Can Break Your Heart“ von Elkie Brooks). Auf dem dazugehörigen Album von Nicolette Larson ist der Song noch traditioneller Country Rock, schön auch, aber ohne jegliche Dancefloor-Traute. Die ergab sich erst durch den wunderschönen Mix von Jim Burgess, der den Song an den entscheidenden Stellen aufpolsterte und somit zur endgültigen Hymne all derer machte, die an strategisch ungemein wichtigen Punkten der Nacht bzw. des Morgens eine gehörige Dosis Liebe benötigen. Nicht die bedingungslose, überwältigende Liebe, die als Ideal alles in Schutt und Asche legt, aber in der Realität als nicht überlebensfähiges Trugbild verpufft. Es geht um die Liebe, in der man gibt und nimmt, die Liebe, die man sich gemeinsam erschließt, allen Unwegsamkeiten zum Trotz, um davon ein Leben lang gut zu haben.

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