@ Killer Album Release Rave

Posted: July 23rd, 2012 | Author: | Filed under: Gigs | Tags: , , , , | No Comments »

Info


How To Label (Design) – Interview mit Michael Hain

Posted: September 29th, 2011 | Author: | Filed under: Artikel | Tags: , , | No Comments »

Als jemand der schon seit vielen Jahren jeden Tag aufs Neue mit Artworks für Vinyl-Veröffentlichungen umgeben ist, hat sich die Herangehensweise an das Thema von Label-Seite geändert, seit die Produktionsbudgets schrumpfen?

Ich habe in puncto Vinylgestaltung zwei gegenläufige Trends beobachtet, um mit der oft beschworenen Krise umzugehen; einerseits der Stamp/DIY-Ansatz, der u.a. von Veröffentlichungen, die mit Hard Wax assoziiert werden (z.B. MMM, WAX oder MDR), losgetreten wurde und andererseits, besonders in den letzten ein, zwei Jahren, auch eine Tendenz zum aufwändig und professionell hergestellten Vinyl-Release. Dabei denke ich besonders an einige Labels aus UK. Daneben gibt es auch Mischformen, wie ein clever gestaltetes Universalcover, das mit Hilfe von Stempeln oder Aufklebern an das aktuelle Release angepasst wird, oder auch mit Siebdruck oder anderen Handarbeitstechniken hergestellte Fast-Unikate. Im Grunde steht immer die Frage im Raum: wie bei kleinen Absatzzahlen trotzdem zumindest auf eine schwarze Null kommen? Produktionskosten gering halten oder teurer zu verkaufende Sammlerobjekte schaffen?

Ist Artwork für ein neu gegründetes Vinyl-Label immer noch ein Aspekt, in den investiert werden sollte? Was kann man mit einem gut gestalteten Release heute noch erreichen?

Ja, auf jeden Fall sollten wenn nicht mal unbedingt Geld, doch zumindest Gedanken investiert werden. Wie bei jedem Produkt, das man an den Mann oder die Frau bringen möchte, ist die Verpackung natürlich wichtig. Ich zum Beispiel orientiere mich sehr stark an Cover-Gestaltung, wenn ich Platten suche. Nach einer Weile entwickeln sich Heuristiken, mithilfe derer man Musik finden kann, die einem gefällt. Daher kann sich ein Label mithilfe von Artwork und Design in eine bestimmte Traditionslinie oder Kultur einordnen, um wiederum die potentiellen Fans gezielt anzusprechen. Persönlich empfinde ich es so, dass ein gewisser Aufwand auch Selbstvertrauen und Zuversicht in die Musik ausdrückt. Wenn man gerade mal die Minimalanforderungen für eine Vinylveröffentlichung erfüllt, dann frage ich mich als Plattenkäufer auch, wie viel Herzblut in der Musikproduktion steckt. Daran, dass man die Musik zu allererst mal visuell wahrnimmt, haben Downloads und Internet-Plattenversender nichts geändert: man sieht immer erst das Cover-Thumbnail, bevor man auf den Anhör-Button klickt. Im Plattenladen ist es ja noch offensichtlicher. Du weißt ja selbst, was es bedeutet, wenn eine Platte im Hard Wax an der Wand hinter dem Tresen hängt und durch ein herausragendes Artwork auffällt: natürlich wird nach dieser häufiger gefragt.

Braucht man heutzutage noch einen Grafikdesigner, oder wird das, wie auch andere Aspekte der Plattenproduktion, eher in die eigene Hand genommen um Kosten zu sparen? Wie wichtig ist dabei die Professionalität? Wie reagiert das Gewerbe auf DIY-Typo und Bildbearbeitung aus dem Internet? Wie stellst du dich als Grafikdesigner auf veränderte Ansprüche ein?

Ich bin ja auch nur ein Autodidakt und habe nie Grafikdesign studiert. Grafikdesigner sind gerade in Berlin ja ziemlich einfach zu finden. Es muss nicht immer eine teure Agentur sein, die einem das Cover gestaltet, damit es ein gutes Release wird. Wichtiger ist, dass der Grafiker die visuelle Einordnung oder wie man das auch immer beschreiben möchte, bewerkstelligt. Es sollte irgendwie passen. Das kann durch einen befreundeten Grafiker passieren oder durch eine professionelle Agentur. Bei Agenturen oder professionellen Grafikern habe ich aber manchmal das Gefühl, dass diese eigene Trends haben, denen sie nachgehen. Es gibt Monate da kommen zwei, drei Platten auf unterschiedlichen Labels heraus, die sehr ähnliche Cover haben oder zumindest ähnliche Gestaltungsprinzipien verfolgen. Ich denke dann immer, dass die bestimmt alle das gleiche Gestalter-Magazin abonniert haben.

Sollten Labels noch auf eine Corporate Identity setzen?

Wenn man als Label wiedererkennbar sein möchte, dann ja. Es gibt aber sehr unterschiedliche Möglichkeiten. Die meisten Labels in unserer Szene sind ja keine Labels im Ursprungssinn, sondern die Veröffentlichungsplattform eines Künstlers oder Künstlerkollektivs. Zur Label-Arbeit gehört ja traditionellerweise A&R. Das fällt weg, wenn ein Künstler selbst sein Label gründet. Wenn ein Label für Qualität steht, dann ist es natürlich auch gut, wenn es erkannt wird. Aber das muss man im Einzelfall sehen. Es gibt unendliche Möglichkeiten, vom Standardcover bis zum kleinen Logo irgendwo in einer Ecke.

Gestempelte White Labels oder Platten ohne Cover sind ja eine Strategie, die gerne mit dem Hard Wax-Umfeld assoziiert wird und auch heute noch vielfach angewandt wird. Wie siehst du heute dabei die Gewichtung bzw. Wechselbeziehungen von ästhetischer Überzeugung, ökonomischen Zwängen und Abgrenzungsüberlegungen? Hat sich die Wirkung evtl. schon verbraucht?

Ganz am Anfang war das überhaupt keine Strategie. Wenn ich mich richtig erinnere, waren Erik und Fiedel mit MMM die ersten, die es so gemacht haben. Und damals – es war immerhin 1996 – war es tatsächlich eine rein ökonomische Überlegung. Nach der was-weiß-ich-wievielten Auflage hätten sie sich auch sicher gedruckte Labels spendieren können, aber dann haben die beiden es einfach weiter so gemacht wie bisher. Die Stempel-Releases jetzt stehen ja auch für ein gewisse Herangehensweise: es gibt keine Vorab-Promos, keine Info-Sheets mit halb erzwungenen Statements von DJs etc.: die Platten kommen aus dem Presswerk, werden dann gestempelt und stehen dann auf der Hard Wax-Webseite – “quick white label action” wie es unser Chef-Einkäufer Torsten so schön genannt hat. Das Design war also direktes Ergebnis der Produktionsweise. Andere haben das dann als Erfolgsrezept angesehen und aufgegriffen, oft jedoch nur den Aspekt des Stempel-Designs beibehalten. Wenn es das ganze Promo-Tamtam gibt, dann ist das Lo-fi-Erscheinungsbild ein bisschen albern. Ich denke auch, dass es jetzt zur Masche verkommen ist und dass wir wohl nicht mehr viele neue Stamp-Release-Labels – zumindest aus dem Hard Wax-Umfeld – sehen werden.

Was hältst du von alternativer Gestaltung, z.B. Inserts, Stempel, Sticker, Lochung etc. Ist das eine kreative Begrenzung oder eine Notlösung, oder ist da noch viel künstlerische Luft? Kann man auch mit geringem Aufwand ein Artwork umsetzen, das vom Material her aufwändiger ist? Sollte man das sogar?

Ich finde alles gut, wenn es in sich irgendwie Sinn ergibt. Dieses auf Biegen und Brechen Unikat- und Sammlerobjekt-sein-wollen finde ich auch komisch. Da ist für meinen Geschmack eine Schieflage in die andere Richtung erreicht: die eigentliche Musik tritt vor den limitierten, durchnummerierten, farbigen oder sonst wie auratisch aufgeladenen Vinyl-Sammlerstücken in den Hintergrund. Das wirkt oft so, als wäre die Platte direkt für den Discogs-Gebrauchtmarkt hergestellt worden. Prinzipiell sollte man alles ausreizen dürfen, was die Fertigungspalette hergibt, solange es als Gesamtprodukt funktioniert und nicht zu sehr gewollt wirkt. Ich habe zum Beispiel gerade sehr viel Freude beim Entwerfen von mit Lyrics bedruckten Inner-Sleeves gehabt. Das ist so was Klassisches, was einen Mehrwert für den Käufer der Platte darstellt.

Ist das Vollcover trotz Krise wieder auf dem Vormarsch?

Ich denke ja. Nach dem Trend der steigenden Release-Zahlen, um die schrumpfenden Verkaufszahlen pro Release zu kompensieren (was eine Milchmädchenrechnung ist), wird es eine Tendenz zu mehr Qualitätskontrolle und Begrenzung geben. Die klassischen Label-Tugenden wie gutes A&R, Künstleraufbau etc. werden in kleineren Rahmen wieder an Bedeutung gewinnen und die Musik wieder langlebiger werden. Damit kann auch wieder mehr in einzelne Releases investiert werden. Das ist aber nur zur Hälfte meine Einschätzung und zur anderen meine Hoffnung.

Es wird heute auch bei Vollcovern meistens nicht mehr viel in Material und Druck investiert. Wird das so bleiben, und kann man das umgehen und dennoch “aufwändige” Effekte erzielen?

Für einen kreativen Kopf stellen Limitierungen ja auch immer Herausforderungen dar. Ich mache mir da keine Sorgen. Die Technologien haben sich immer verändert und die Leute mussten zu jeder Zeit alles herausholen. Selbst wie Kartoffeldruck wirkende Reggae 7″s sehen ja teilweise genial aus. Und man kann sich immer nach neuen (oder alten) Techniken umschauen, wenn einem der Laser-Print von Online-Druckereien nicht gefällt. Honest Jon’s hat z.B. wundervolle Platten mit Prägedruck und Buchbinde-Rücken herausgebracht und ist sowieso ein gutes Beispiel für hervorragendes Plattendesign. Wie oben schon angedeutet, gibt es einen Zusammenhang von der Qualität der Musik und dem Design. Wenn eine Platte eine Halbwertzeit von ein paar Wochen hat, dann investiert man natürlich auch nicht unendliche Summen in das Erscheinungsbild.

Wird das Artwork immer ein integraler Bestandteil von Label-Arbeit sein, wenn man physikalisch veröffentlicht?

Auf jeden Fall, denn das ist ja gerade der Unterschied zum nur-digital-veröffentlichen, dass man etwas mit vielen Sinnen Erfahrbares produziert. Das merkt man auch an den ganzen eben erwähnten Techniken, die in letzter Zeit öfters benutzt werden, wie z.B. Prägungen. Das kann man als 600×600 Pixel-Bild natürlich nicht wiedergeben. Der Drang, etwas zu erschaffen, was sich von dem Vorangegangenen unterscheidet, erstreckt sich auch auf das Cover-Design und sollte es tun. Dafür ist allerdings die Grundvoraussetzung, dass man sich tatsächlich unterscheiden möchte.

 de:bug 10/11