Jimmy Ruffin – Hold On To My Love (ERC Records)

Posted: May 4th, 2009 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , , | No Comments »

Der New Yorker Club The Saint wird wohl für alle Zeiten der wahnwitzigste Ort schwuler Clubkultur bleiben. Tausende bedingungslos hedonismusbereiter Tänzer wogten jedes Wochenende unter der gigantischen Donnerkuppel, von der aus die damaligen harten DJ-Hunde in minutiös tradierten Dramaturgien ihre Zwölfstundenschichten schoben. Das einzige musikalische Gebot war eine kollektive emotionale Reizüberflutung, und jede Musik die das auslösen konnte wurde als Geschenk Gottes zelebriert. In dieser Umgebung gediehen nicht nur die prototypischen Marschflugkörper von Hi-NRG, sondern auch absurde Tränendrücker, die zum Engtanz in den Sleaze-Morgenstunden als große Oper inszeniert wurden. Als alle Resident-DJs 1988 den Club in einer mehrtägigen Abschlussorgie zu Grabe trugen, wimmelte es in den Sets nur so vor unverschlüsselten Botschaften, großen Emotionen und sehr persönlichen musikalischen Abschiedsgrüßen, die der damaligen Crowd noch bis heute als unverrückbarer Kloß im Hals stecken müssen. Robbie Leslie hatte die Ehre des letzten Sets, und dies ist seine Wahl für die letzte Platte gewesen. Ein merkwürdiger Discoschieber, der sich mit billig klingenden Syntheziserklängen an die klassische Soul-Ära klammerte, als diese schon längst vorbei war. Ein hymnischer Soul-Song, der sich überhaupt nicht die Produktionsmittel leisten konnte um so klingen zu können wie er in einer idealen Welt hätte klingen sollen. Ein Sänger, dessen Ruhmeszeit bei Tamla-Motown in solch einem unzulänglichen Gewand enden musste. Und doch, wie bei so vielen anderen obskuren Rare Soul-Evergreens, legen sich alle Beteiligten so ins Zeug, als könnte dieser eine der letzte Song sein, den sie jemals aufnehmen können. Die vage Hoffnung auf eine bessere Karrierewindung, der Trotz aber auch sich gegen die unterschwellige Erkenntnis aufzulehnen, dass hinter der nächsten Kurve nichts mehr kommt. Robbie Leslie hat aus diesem schönen, aber auch unscheinbaren Küken im Edit einen Weißkopfseeadler werden lassen, indem er nichts anderes gemacht hat, als den Refrain mit den Ohrwurmflächen im Hintergrund endlos anzuteasen, und dann in periodischen Abständen voll loszulassen. Sein Arrangement ist kein Deut exklusiver als der Song selbst, aber die Wirkung ist schockierend. Da kann man sich noch so sträuben. Und was blieb als Botschaft, mit der die Saint-Familie für immer in die kalte Realität zurückgestoßen wurde? „So hold on, to my love, I’m nothing, and I can’t get along without you. You’re the light of my life. There’s no living without your love. Nobody’s taking your place. But for you, but for me, our love would live on for the whole world to see.”

De:Bug online 05/09