Rewind: Cio D’Or über “Upekah”
Posted: August 24th, 2009 | Author: Finn | Filed under: Artikel | Tags: Cio D’Or, Interview, Rewind, Son.sine, sounds-like-me.com | No Comments »Im Gespräch mit Cio D’Or über “Upekah” von Son.sine (2000).
Neuseeland ist eher nicht für elektronische Musik bekannt. Wie bist du auf Son.sine gestoßen? Kennst Du andere Produktionen von diesem Künstler?
Ich hörte ihn das erste Mal in einem Mix und verliebte mich sofort in den Track, unwissendlich, wer der Künstler ist. Danach brachte mir ein Freund einige Tracks von sich mit, sowie auch diesen. Da kein Name auf dem Wav-File war, wusste ich noch immer nicht, von wem das Stück ist. Bei meinem letzten Radiomix für Oceanclub baute ich ihn mit ein und er war das einzige unbenannte Stück. Erst Chris von mnml ssgs meinte dann „Wow…there is Son.sine’s „Upekah“ from Nurture“, und somit konnte ich ihn endlich orten. Andere Produktionen hörte ich mir noch an, die mir auch gut gefallen haben, aber „Upekah“ ist für mich nicht zu toppen. Neuseeland scheint ein guter Ort für Musikproduktionen zu sein.
Wie würdest Du diese Platte beschreiben?
Unendliche Tiefen mit einer zärtlichen und berührenden, fast schmerzenden Schönheit, die sowohl Trauer als auch Glück in sich trägt. Mit einer großen Portion Sehnsucht und dennoch Hoffnung und Unendlichkeit, einem grandiosen, subtilen Rhythmus und die Auflösung heißt: Vorangehen, nach vorn schauen, und dennoch den Moment leben und bejahen. Am Schluss hat der Track sogar etwas Forsches und Treibendes. Einfach eine großartige Widerspiegelung diverser Emotionen und absolut Weltklasse in ihrer Vielschichtigkeit in dieser Kategorie Musik! Wow! Danke, Son.sine!
Welche speziellen Qualitäten verbindest Du mit dieser Platte und was lösen diese in Dir aus?
Sie ist für mich ein umfassendes Meisterwerk in diesem Musikstil. Ich finde, dass alle Töne perfekt miteinander harmonieren, auch trotz Harmonieauflösungen. Es ist ein zeitloses Stück Musik und ich denke, dass der Track selbst in zig Jahren eine Perle bleiben wird. Ich kenne den Track selber schon fünf Jahre und bin genauso verliebt wie am Anfang. Ich wünschte mir immer selber ein Werk zu erschaffen, das all diese Attribute mitbringt. Ich stelle mir oft die Frage: ”Warum mache ich Musik? Für wen? Was will ich bewirken?” Und wenn ich jemals Menschen so treffen kann mit meiner Musik, wie es „Upekah“ bei mir geschafft hat, dann… bin ich einfach dankbar!
Hast Du sentimentale Erinnerungen, die Du mit dieser Platte verbindest?
Es ist die Musik, die mich an die Naturgewalten und Herrlichkeiten, aber auch die Endlichkeit und Unendlichkeit dieser Welt erinnert. Auch an das Leiden, welches viele Menschen durchmachen, und auch an das Glück und die Dankbarkeit für jeden Augenblick.
Ist dies eine Platte, die Du oft zum Auflegen bei dir hast? Ist sie exemplarisch für Deine Vorlieben als DJ?
Ich selber spiele weniger am Anfang einer Nacht und es ist eher ein Stück für die ersten oder letzten Stunden im Club, dennoch habe ich sie immer dabei! Ich bin der Meinung, dass der Resident DJ wahnsinnig wichtig ist, um erstmal ganz unten anzufangen, Emotionen aufzubauen und der Hauptact kann dann viel einfacher Gas geben und dann fällt eine Steigerung auch viel mehr auf, als wenn gleich von Anfang an gebrettert wird. Irgendwann gibt es nämlich keine Steigerung mehr und dann…kann es langweilig werden! So eine Platte ist optimal zum Einstimmen einer Nacht und bringt eine extrem gute, feinfühlige Stimmung, auch für das, was noch kommt! Oder am Ende passt sie auch gut zum Landen.
Die Stimmung von “Upekah” ist eher melancholisch und ruhig und entfaltet sich fast behutsam, nicht was man im Allgemeinen mit Clubmusik verbindet. Findest Du solche Funktionalitätserwartungen problematisch? Was braucht ein Club-Track für Dich, damit man sich in ihn vertiefen kann?
So eine Nacht im Club funktioniert meiner Meinung nach auch wunderbar mit dieser Art von Musik, wenn sie richtig eingebaut wird und die Dramaturgie der Nacht einen Spannungsbogen hat. Wenn natürlich der erste DJ am Abend gleich losbrettert, wird so ein Track beim zweiten DJ voll und ganz untergehen. Ich spielte vor kurzem im KKK in Köln freiwillig den Anfang, da ich einen guten DJ-Freund zur Hauptzeit vorbereiten wollte und an dem Abend spielte ich „Upekah“ im Club und die Crowd schrie und tanzte! Das bestätigte mich wieder, dass die Leute nach solcher Musik suchen und definitiv nicht nur Kawumm brauchen, um tanzen zu können, auch wenn meine Sets durchaus treibender sind zu Hauptzeiten. Es liegt immer an dem Gesamtbooking der Nacht und wie so etwas aufgebaut wird. Problematisch sehe ich teilweise die DJ-Kombinationen in Reihenfolge. Die sind manchmal nicht so gut abgestimmt und dann gibt es eine Art Musikverwirrung und diverse Filme, die nicht unbedingt zusammenpassen. Aber zum Glück durfte ich dieses Jahr einige grandiose Line-ups erleben, wo der Artist Flow sehr gut zusammenpasste.
Interessieren Dich Kontraste innerhalb von Musik? Möchtest Du verschiedene Gefühle transportiert wissen, oder liegt Dir eher an einem homogenen Gesamtbild?
In erster Linie muss mir jede Platte, die ich spiele, irgendwas geben und/oder mich berühren, oder ich bin beeindruckt von einer Idee eines Künstlers. Das können sehr dunkle aber auch sehr transparente, melancholische, dubbige, bleepige oder auch warme Melodien sein. In diesem Rahmen baue ich dann meine Sets, oft in tagelanger Arbeit. Ich suche mir immer ein Thema und das versuche ich dann so zusammenzubauen, dass es ineinander harmoniert und fließt, und dennoch baue ich auch Überraschungen hinein, die irgendwie in den Kontext passen. Da ich seit Silvester mit Traktor Scratch Pro spiele, habe ich diverse Sets dabei und wenn ich merke, das auf irgendeiner Anlage meine neuesten Platten nicht rüberkommen, habe ich die Möglichkeit, auf andere Beats auszuweichen. Auf jeden Fall stehe ich auf deep, egal ob warm oder dark oder Bleep oder Dub oder Ambient oder Techno oder Electronica oder oder oder…
Würdest Du Dir wünschen, dass mehr DJs Musik im Stil dieser Platte spielen würden bzw. dass mehr solche Musik produziert wird?
Unbedingt! Das wäre traumhaft! Und ich muss dazu sagen, einige Raritäten kommen da schon fast ran.
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