Shut Up And Dance – Raving I’m Raving (Shut Up And Dance Records)
Posted: May 4th, 2009 | Author: Finn | Filed under: Rezensionen | Tags: de:bug, Platte des Tages, Shut Up And Dance | No Comments »Shut Up And Dance waren neben 4 Hero die ersten Vertreter dessen, was zunächst als Breakbeat Techno bezeichnet wurde, dann als Jungle, dann als Drum And Bass, und dann als alles was findigen Journalisten und Szeneleuten zum Thema noch so einfiel. Am Anfang wollten PJ und Smiley einfach nur Hip Hop machen und verarbeiteten die Begeisterung für die aufblühende Rave-Kultur nebenbei in instrumentalen Tracks, die auf Hip Hop-Beats mit 45 Umdrehungen umherratterten. Mit ihren Texten machten sie ihren Turf Hackney zur international anerkannten Problemzone und mit ihrer Haltung zwischen Post-Thatcher-Wut, asiatischem Kampfsport, Gossenhumor und DIY-Punk in Loops überrollten sie jeden, der einfach nur Dancefloor machen wollte. Gesamplet wurde zwischen Detroit Techno und Synthiepop aus den Charts alles, was nicht niet- und nagelfest war: Prince, Eurythmics, Rhythim Is Rhythim, Duran Duran, Vice. Das war bedingungslos frisch und dreist und man fragte sich, ob die das wirklich alles durften. Durften sie nicht. Shut Up And Dance gingen 1992 den logischen Schritt weiter und aus kontextfreien Samples wurde die kontextuelle Coverversion. Die dröge Countryrockballade „Walking In Memphis“ von Marc Cohn wurde so zum Erlebnisbericht des Ravers, der seinen E-Spaß schildert und dennoch nicht so genau weiß, ob das noch alles mit rechten Dingen zugeht. Dazu die passenden Lärmsignale, Beats und Hymnenbreaks. Dummerweise rauschte der Track in völliger Ungeklärtheit mit dem ursprünglichem Erfinder auf die Nummer 1 der UK-Charts und Marc Cohn sah sein Werk nicht kongenial umgedeutet, sondern schlichtweg verunglimpft, dachte an Gilbert O’Sullivan und Biz Markie und schaltete sehr humorlos die Anwälte ein. Shut Up And Dance wurden so zum Patient Null der Dance-Szene, ihr Label wurde haarscharf am totalen Ruin vorbeiverklagt und lag danach lange Zeit brach, und die Platte wurde wohl zu einer der am schwierigsten zu ergatternden Nummer 1-Hits überhaupt. Bei einer drei Jahre später entstandenen Coverversion des Songs von Cher war das schon alles kein Problem mehr und sie steuerten einen ähnlich gelagerten offiziellen Remix bei (1996 kam auch noch eine Version von Scooter dazu, was damals noch die Höchststrafe war, und kein postironischer Ritterschlag). Gebrannte Kinder waren PJ und Smiley aber trotzdem, und obwohl sie mittlerweile ein gesundes Auskommen in der latent bigbeatigen UK-Breaks-Szene haben, die sowieso einst auf ihrem Mist gewachsen war, die Wut, Unverfrorenheit und Wucht ihrer frühen Tracks ist in der Zeit nach „Raving I’m Raving“ von einer anderen Qualität.
De:Bug online 05/09
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