The Stickmen – Insatiable (Cuneiform Records)

Posted: May 3rd, 2009 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , , | No Comments »

Die funkige Flanke der klassischen Post Punk-Ära hat der Nachwelt so manche Sensation zum Nachdenken mitgegeben, und der gewiss großartige James Chance wird im Kanon gemeinhin als das Nonplusultra dessen angesehen, was mit von Nadeln und Speed angefeuerter Hyperaktivität und autodidaktischen Überrollmanövern traditioneller Strukturen zwischen Disco, Funk und Jazz noch möglich war, ohne sofort zu implodieren. Das wäre auch sofort zu unterschreiben, wenn die Alben „This Is The Master Brew“ (1982) und „Get On Board“ (1983) der genialen Stickmen aus Philadelphia nicht existieren würden. Diese nach dem Tod vom Frontmann Peter L. Baker von den restlichen Bandmitgliedern zusammengestellte CD enthält die komplette musikalische Hinterlassenschaft. 22 Stücke in 45 Minuten, womit allein schon das irrsinnige Tempo dokumentiert wäre, in dem sich die Stickmen durch ihren einzigartigen Sound flirren, der grob irgendwo zwischen Albert Ayler, George Clinton und den B-52’s und einer Restmenge von ungefähr sämtlicher verbleibender Kultur des Abendlandes nach der Jahrhundertwende einzuschätzen ist, und alles passiert gefühlt gleichzeitig. Kein Motiv wird länger als ein paar Takte geritten, bevor Baker sekundengenau die totale Kehrtwende in einer völlig übergeschnappten Disco-Pop Art-Sci Fi-Geheimsprache anzählt und die Band messerscharf auf den Punkt in die nächste absurde Wendung davon rappelt. Jeder Song klingt wie mindestens zwanzig in einem und nach jedem ist man völlig alle. Die Band ist da schon längst wieder völlig woanders und man muss sich verdammt beeilen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Dass sie diesen wahnwitzigen Virtuositäts- und Beschleunigungslevel jederzeit abrufen konnten, ist auf ebenfalls enthaltenen Live-Videos und Konzert- und Radiomitschnitten dokumentiert. Daneben wirken Mr. Bungle wie die Dire Straits.

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