Nöel – Is There More To Life Than Dancing?

Posted: February 17th, 2010 | Author: | Filed under: Rezensionen | Tags: , , , | No Comments »

1979 war ein folgenreiches Jahr für Disco. Alle Kanäle waren schon zu voll damit, und die übergreifenden Abwehrreaktionen waren bereits allgegenwärtig, die dann in der schrecklichen Disco Demolition Night im Chicagoer Comiskey Park gipfelten, von der sich der kommerzielle Disco-Boom vorerst nicht mehr erholen sollte. Gleichzeitig kamen in dem Jahr zahlreiche Produktionen heraus, die andeuteten, wie es fortan weitergehen konnte. Disco ging zurück ins Experimentierlabor, das System war wieder offen, und gerade jetzt, in der Niederlage, als das Genre flächendeckend angezählt war, entdeckten viele Musiker den Reiz des Ganzen, und fingen an, den zum Freiwild gewordenen Sound für ihre Zwecke zu transformieren. Alles war wieder möglich, viele Clubmacher und Musiker sammelten im Untergrund neue Kräfte, die Mutation aus Disco und Post Punk seitens der New Yorker Downtown Szene um ZE Records stand kurz bevor (denn die Gegenkultur tanzt nur zum Sound der Hauptkultur, sobald er gescheitert ist), und allgemein schien es eine künstlerische Erleichterung gewesen zu sein, dass Disco als Thema so durch gewesen ist, dass es einfach egal war, was man jetzt damit anstellen würde. Den Gebrüdern Mael müssen jedenfalls noch die Sequenzen von Giorgio Moroder im Kopf herumgeschwirrt haben, die dieser für ihr 79er-Meisterwerk „Tryout For The Human Race“ produziert hatte. Mit diesem Album waren sie nicht mehr länger Disco-Sympathisanten, sie wurden selbst Disco. Und da sie gerade entdeckt hatten, wie gut Disco in ihre sehr eigene Welt passte, konnten und wollten sie auch nicht sofort wieder damit aufhören. Rasch suchten sie sich eine Interpretin für den Rest ihrer musikalischen Ideen und wurden in der merkwürdigen Sängerin Nöel fündig, die in den Kontext ähnlich quer eingesetzt wurde wie einst Andrea True und Amanda Lear. Und auch wenn die Sparks bei „Is There More To Life Than Dancing?“ im Hintergrund blieben, es ist durch und durch ein Sparks-Album geworden, und ein grandioses noch dazu. Die Melodien sind Sparks, die Texte sind Sparks, und Nöel singt sogar wie Russell Mael. Und die Musik hätte Moroder selbst auch nicht besser gestalten können. Sein futuristischer Sequenzer-Stil ist omnipräsent, wird jedoch mit der smarten Ironie und Detailverliebtheit versetzt, die alles auszeichnet, was den Sparks einfällt, wenn sie in Höchstform sind. Nach diesem genialen Intermezzo machten sie ein Jahr später mit Moroder mit dem Album „Terminal Jive“ genau an Ort und Stelle weiter, und thematisierten ihren endgültigen Abschied von klassischen Rocktraditionen mit den Worten „Rock and roll people in a disco world, They sing Hard Day’s Night, They’re as high as kites, And they sing and play and carry on like, Rock and roll people in a disco world“. Zahllose andere Überläufer von der Rock- zur Clubkultur haben sich da bis zum heutigen Tag wahrlich sehr viel dümmer angestellt.

Nöel – Is There More To Life Than Dancing? (Virgin, 1979)

de:bug 02/10


</p>
			 <hr/>
		</div>
		
				
		
		<div class=